"Schwarze Listen" der EU: Zäher Kampf gegen Steueroasen
Die Enthüllungen der „Panama-Papers“ und andere Steuerfluchtskandale haben Europa aufgeschreckt: 50 bis 70 Milliarden Euro gehen den EU-Bürgern Jahr für Jahr verloren, indem multinationale Konzerne ihre Gewinne steuerschonend in diverse Steuerparadiese transferieren.
Das muss aufhören, beschloss die EU und legte im Dezember 2017 eine „schwarze Liste“ mit 17 Ländern vor. Es dauerte aber nicht lange, da wurden wieder acht Länder von der Steueroasenliste gestrichen.
Beim heutigen Treffen der EU-Finanzminister soll diese bisher nur provisorische Liste vollendet werden. Auf dieser Basis könnten die EU-Staaten auch Sanktionen gegen die Steueroasen einleiten. Doch einmal mehr finden die EU-Staaten keine gemeinsame Linie – und in Steuerfragen müssen alle 28 EU-Staaten einheitlich entscheiden.
Und so bleibt fraglich, ob die neue, nun rund 15 Staaten zählende „schwarze Liste“ heute von den europäischen Finanzministern abgesegnet wird.
Besonders ein Staat – dem Vernehmen nach dürfte es sich um Großbritannien handeln – legt sich quer. London soll sich demnach weigern, Bermuda und Barbados auf die „schwarze Liste“ setzen zu lassen.
Auf dem Pranger
Sanktionen der EU haben die Steuerparadiese nicht zu befürchten. Aber in Brüssel setzt man auf anderen Druck: Weltweit quasi auf dem Pranger zu stehen, bedeute einen gewaltigen Reputationsverlust. Dies werde die Länder dazu zwingen, ihre verpönten Steuerpraktiken zu ändern. Bisher zeigten die Steueroasen von Aruba bis Vanuatu aber keine Bereitschaft, ihre Steuergesetze den Mindeststandards der OECD anzupassen.
Auf einer weiteren, „grauen Liste“ der EU stehen Dutzende Länder, die noch Zeit erhielten, ihre Steuerpraktiken zu ändern. Darunter finden sich die Schweiz und die Türkei.
EU-Staaten stehen weder auf der grauen noch auf der schwarzen Liste, obwohl auch Luxemburg, die Niederlande und Malta als Oasen der Vermeidung von Unternehmenssteuern gelten. Die Finanzminister dieser Länder hatten sich kategorisch dagegen gewehrt.
Endgültig daneben gehen dürfte heute der Vorstoß für eine EU-weite Digitalsteuer. Österreichs Finanzminister Hartwig Löger will sie, doch bei seinen Amtskollegen gibt es Widerstand. „Bei den nordischen Staaten herrscht dazu grundsätzliche Skepsis“, war gestern dazu aus EU-Kreisen zu hören. Vielmehr werde man nun eine Regelung auf OECD-Basis anpeilen. Einige Länder wollen nicht länger warten. Frankreich etwa prescht mit einer eigenen Digitalsteuer vor.
„Das internationale Steuersystem ist völlig antiquiert“, warf gestern auch Christine Lagarde, Chefin des Internationalen Währungsfonds (IWF), in die Diskussion um Steuergerechtigkeit ein.
Eine kompletter Neuausrichtung sei überfällig, schrieb sich in einem Gastkommentar für die Financial Times: „Multinationale Konzerne können offenkundig ganz einfach Steuern vermeiden. Drei Jahrzehnte lang sind die Unternehmenssteuern nur gesunken: Das untergräbt das Vertrauen in die Fairness des Systems.“
Steuerparadiese:
Auf der „schwarzen Liste“ der Steuerparadiese stehen u.a. Amerikansch-Samoa, Aruba, Belize, Dominica, Fijdschi, Guam, die Marshall-Inseln, Oman, Samoa, die US-Jungferninseln, Vanuatu, Trinidad und Tobago, Vorwurf: Unfaire und intransparente Steuerpolitik
Auf der „grauenListe“ der EU stehen Staaten, die Zeit erhielten, binnen einer bestimmten Frist, ihre Steuerpolitik nachzubessern: u.a. die Schweiz, Türkei