Wirtschaft

Ratingagenturen: Was sich seit 2008 geändert hat

Die Ratingagenturen gerieten nach der Finanzkrise 2008 massiv unter Beschuss. Zwei Vorwürfe fielen dabei besonders ins Gewicht. Die Agenturen hatten – in einem übergroßen Vertrauen auf die Segnungen der Finanzmathematik – gebündelten US-Ramsch-Immobilienkrediten beste Bonität und somit geringe Ausfallrisiken bescheinigt.

Diese Papiere versprachen hohe Zinsen und wurden weltweit gerne von Banken gekauft. Das erwies sich als fataler Irrtum. Wirft man viele schlechte Papiere zusammen, wird daraus eben nicht automatisch ein solides Wertpapier. Das Risiko war in Wirklichkeit nicht breit gestreut, sondern zu toxischen Klumpen gebündelt.

So wuchs sich das US-Problem zur globalen Finanzkrise aus. Und bei dieser wirkten die Agenturen, so der zweite Vorwurf, als Brandbeschleuniger. Zeitweise traten sie fast wie politische Akteure auf. In der Eurokrise rund um Griechenland wurden Herabstufungen auffällig oft vor EU-Gipfeltreffen angedroht. Dass Standard&Poor’s (S&P), Moody’s und Fitch US-dominiert sind, trug auch zum Misstrauen bei.

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Verliehene Macht

Was hat sich seither geändert? Die EU führte 2009 eine Konzessionspflicht ein und wirft ein Auge auf die Bewertungsmodelle. Zehn Jahre später sind in Brüssel 45 Agenturen registriert, darunter allein 15 Ableger der „Großen Drei“. Neu geregelt wurde zudem, dass die Agenturen ihre Termine für die Neubewertung von Staatsanleihen vorab bekannt geben müssen. Eine eher weiche Regel, denn sie können weiter spontan aktiv werden, müssen es lediglich begründen.

Ratings seien in die Zukunft gerichtete Risikobewertungen und deshalb nie statisch, sondern ständig im Fluss, sagte S&P-Research-Chefin Alexandra Dimitrijevic. Würde man nicht reagieren, wenn sich Eckdaten eines Schuldners ändern, wäre man erst recht in Interessenskonflikten gefangen.

Und was ist mit dem Vorwurf, dass sie Krisen verschärfen? Der Zusammenhang sei umgekehrt, sagt Moody’s. Ratings würden die Verschlechterung der Kreditsituation nur abbilden, nicht herbeiführen.

An der dominanten Marktstellung der Drei hat sich wenig geändert. Bei Moody’s ist Warren Buffetts Investmentfirma Berkshire Hathaway mit gut 13 Prozent der größte Aktionär, gefolgt von den US-Vermögensverwaltern Vanguard und BlackRock. S&P-Mutterkonzern S&P Global entstand aus dem Verlag McGraw-Hill; Fitch gehört seit 2018 zur Gänze dem US-Medienkonzern Hearst.

Wie mächtig sind die Agenturen? So sehr, wie man sie lässt. Einflussreich wurden die Ratings letztlich nur, weil ihnen von Investoren, in der Bankenregulierung und Geldpolitik ein Stellenwert eingeräumt wurde.