Post-Chef Pölzl: "Handel macht zu wenig und jammert vor allem"
Der Wettbewerb mit Amazon und China sei eine Herausforderung, der österreichische Handel mache aber zu wenig und jammere vor allem, sagte der scheidende Chef der österreichischen Post, Georg Pölzl, am Samstag in der Ö1-Reihe "Im Journal zu Gast".
In Österreich gebe es immer noch eine sehr starke Fixierung auf das stationäre Handelsgeschäft. E-Commerce werde hingegen als Bedrohung und nicht als Chance angesehen, sagte Pölzl, der sich mit Ende September nach 15 Jahren an der Spitze der Post in den Ruhestand verabschiedet.
Kräftige Zuwächse im Paketgeschäft
Die Post hatte zuletzt im Paketgeschäft kräftige Zuwächse von mehr als 28 Prozent verzeichnet und im ersten Halbjahr mit 804,9 Mio. Euro mehr als die Hälfte des Gesamtumsatzes von 1,5 Mrd. Euro im Bereich Paket und Logistik erwirtschaftet.
80 Prozent der in Österreich zugestellten Pakete kamen aus dem Ausland. Zwischen 25 und 30 Prozent des heimischen Paketaufkommens der Post gehen auf Amazon zurück, das auch der größte Kunde der Post ist. Auch mit dem chinesischen E-Commerce-Senkrechtstarter Temu arbeitet die Post zusammen. Etwa 5 bis 10 Prozent der Pakete, die durch die Post transportiert werden, kommen aus China.
Es gebe zu viele Sektoren, in denen der österreichische Handel den ausländischen Versendern das Feld überlassen habe, sagte Pölzl. "Der österreichische Handel könnte wesentlich mehr machen."
"Von Amazon gelernt"
Die Post könne in dem Wettbewerb im Paketgeschäft nur bestehen, wenn die Geschwindikeit in der Zustellung gesteigert werde, sagte Pölzl. Je schneller die Zustellung, desto höher seien die Abschlüsse im E-Commerce, sagte der Post-Chef: "Das haben wir von Amazon gelernt."
Pölzl geht davon aus, dass auch chinesische Plattformen wie Temu, Shein oder Alibaba zunehmend physische Infrastruktur und Lagerhallen in Europa ansiedeln werden. Die Zustellung am selben Tag könne man nur schaffen, wenn man auch Läger in wenigen Stunden Entfernung habe, sagte Pölzl.
Die Post selbst habe in den letzten Jahre eine halbe Mrd. Euro in die Logistikinfrastruktur investiert. Man habe noch Reserven. Derzeit liege der Fokus auf der Elektroflotte und Paketstationen, sagte Pölzl.
Kritik an Bürokratie
Die wirtschaftliche Lage in Österreich könne nicht isoliert gesehen werden. Die Politik kümmere sich zu wenig um die Wettbewerbsfähigkeit des Standorts, kritisierte Pölzl. Er beklagte vor allem "übertriebenen Vorschriften und Berichtspflichten". EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen habe einen Bürokratieabbau von 25 Prozent angekündigt, notwendig wären aber 75 Prozent, sagte Pölzl.
In Österreich erwartet sich Pölzl von der künftigen Regierung "mehr Diskussion über die Wettbewerbsfähigkeit der Wirtschaft". Generell vermisse er in der heimischen Politik Wirtschaftskompetenz. Das Interesse an wirtschaftlichen Themen sei in Österreich aber generell sehr gering, sagte Pölzl.
Einen Gang in die Politik schloss er für sich ebenso aus wie ein Aufsichtsratsmandat bei der Post in näherer Zukunft. Pölzl: "Als ehemaliger Chef Ratschläge zu geben, halte ich für falsch und sinnlos."