Wirtschaft

Mercer-Ranking: Österreichs Pensionssystem am wenigsten nachhaltig

Steigende Lebenserwartung, konstant niedrige Geburtenraten und immer höhere Kosten für die soziale Sicherung bringen das österreichische Pensionssystem unter Druck. Im Im Vergleich mit 48 ausgesuchten Ländern schneidet Österreich bei der Nachhaltigkeit der Altersversorgung sogar am schlechtesten ab, ergab der aktuelle Mercer CFA Institute Global Pension Index 2024.

In der Gesamtbewertung der verglichenen Rentensysteme liegt Österreich mit einem Gesamtscore von 53,4 Punkten nur auf Rang 40 und konnte sich damit gegenüber dem letzten Ranking 2023  nicht verbessern. Zum Vergleich: Länder wie Botswana, Kasachstan oder Brasilien sind noch vor Österreich platziert. Deutschland kam auf Rang 20. Das weltweit führende Altersvorsorgesystem bleibt nach diesem Ranking die Niederlande. Dahinter folgen Island und Dänemark  auf den zweiten bzw. dritten Platz. 

Mix aus staatlich und privat

Die Studie vergleicht die staatlichen und privaten Altersversorgungssysteme von 48 Ländern, also erste, zweite und dritte Vorsorgesäule. Der Index besteht aus drei Teilindizes – Angemessenheit (wie viel bekommst du?), Nachhaltigkeit (kann es weiter liefern?) und Integrität (kann man ihm vertrauen?) – um jedes Renteneinkommenssystem anhand von mehr als 50 Indikatoren zu messen. Es werden Daten von der OECD sowie der UNO (UN World Population Prospects) verwendet.

Beim Sub-Index Angemessenheit erreichte Österreich mit 67,2 Punkten Platz 23 und beim Faktor Integrität mit 75,2 Punkten den 29. Platz. Ein Jahr davor war es noch Rang 27. 

Staatliches Umlagesystem unter Druck

Österreich verlasse sich nach wie vor zu sehr auf das staatliche Rentensystem und vernachlässige die zweite und dritte Vorsorgesäule, so das Fazit von Mercer.  „Das umlagefinanzierte staatliche Pensionssystem gerät durch die Kombination aus niedriger Geburtenrate und steigender Lebenserwartung, sowie steigender Kosten des sozialen Sicherungssystems immer mehr unter Druck,“ analysiert Michaela Plank, Geschäftsführerin bei Mercer in Österreich. Sie sieht daher eine steigende Notwendigkeit für einen Ausbau von beitragsorientierten Pensionsplänen, wie sie die betriebliche Altersversorgung bieten könne. Dazu brauche es auch steuerliche Anreize. 

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Konkret schlägt Plank vor, die relativ starren Regeln für die betriebliche Vorsorge zu verbessern, etwa durch eine Verankerung in den Kollektivverträgen. Sie verweist diesbezüglich auf Deutschland, wo jeder Beschäftigte die Möglichkeit hat, bis zu 8.000 Euro brutto jährlich in die Pensionskasse einzuzahlen. Um Anreize zu schaffen, müsse es auch mehr Transparenz geben, um die Performance besser beobachten zu können. 

Warum Österreich Schlusslicht bei der Nachhaltigkeit sei, begründet die Mercer-Managerin auch mit den steigenden Bundeszuschüssen zum Pensionssystem. Die milliardenschweren Zuschüsse würden zunehmend das Budget belasten. Auch Harald Holzer, Präsident bei CFA Austria, verweist auf die "schwierige Altersentwickung" im Umlagesystem und plädiert für mehr betriebliche und private Altersvorsorge. "Die Bereitschaft der Bevölkerung, in solchen Einlagen zu investieren, nimmt zu. Sie sollte jedoch durch intelligentere Anreize noch stärker gefördert werden.“ Das CFA Institut ist eine weltweite Organisation von Anlageexperten. 

AK-Experte: "Index weit weg von der Realität"

Die Arbeiterkammer (AK) kann mit der kapitalmarktorientierten Mercer-Studie nichts anfangen. "Der Index misst nicht das, was er vorgibt, er ist weit weg von der Realität", sagt AK-Pensionsexperte Erik Türk zum KURIER. Es gehe weder um Nachhaltigkeit oder Angemessenheit, sondern einzig um die Bedeutung von Kapitaldeckung in den Systemen. Er sei so konstruiert, dass Pensionssysteme automatisch umso nachhaltiger erscheinen, je höher der Anteil der Kapitaldeckung ist. Die Entwicklung der Aktienmärkte bleibt dabei unberücksichtigt. 

Die zweite und dritte Säule sei ebenso ein Transfersystem wie die erste Säule, so Türk, nur dass in diesen Systemen die Finanzwirtschaft dazwischengeschaltet ist und am System mitschneidet. Der Verwaltungsaufwand im staatlichen Umlagesystem sei vergleichsweise gering. Das Argument, dass der Staat immer höhere Beiträge dem Pensionssystem zuschießen müsse, relativiert der AK-Experte. Der Pensionsaufwand müsse in Relation zum Bruttoinlandsprodukt (BIP) gemessen werden und hier gehen die Prognosen von einer relativ stabilen Entwicklung aus.