AT&S-Chef will keine neuen Kapazitäten in China mehr aufbauen
Von Anita Staudacher
Die zunehmenden geopolitischen Spannungen zwischen Festlandchina und Taiwan sowie den Vereinigten Staaten veranlassen den steirischen Leiterplattenhersteller AT&S zu einer stärkeren Diversifizierung seines Geschäftes. Bisher sei das Unternehmen nicht direkt von den verhängten Sanktionen gegen die chinesische Halbleiter-Industrie betroffen, sagte AT&S-Konzernchef Andreas Gerstenmayer bei der Bilanzpressekonferenz am Dienstag. Man beobachte die aktuellen Entwicklungen aber genau und stimme sich eng mit den Kunden ab.
Malaysia statt China
AT&S ist in China mit einem Großstandort in Chongqing sowie einem Werk in Schanghai vertreten und beschäftigt dort rund 10.000 Mitarbeitende. Abgesehen von den bereits beschlossenen Erweiterungen und Technologie-Upgrades werde man hier keine neuen Kapazitäten mehr aufbauen, sagte Gerstenmayer auf Nachfrage des KURIER. Aufgrund des "sehr starken Exposures" in China habe man schon 2021 – vor der Zunahme der Spannungen – entschieden, die Produktion geografisch stärker zu diversifizieren und neue Kapazitäten in Kulim/Malaysia und Leoben zu schaffen.
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Der neue Standort in Kulim (1,75 Mrd. Euro Gesamtinvestment) wird gerade gebaut, das erste von zwei Werken sollte ursprünglich 2024 in Betrieb gehen. Aufgrund der aktuell schwierigen Marktlage habe sich aber wie bereits angekündigt der Zeitplan nach hinten verschoben. Teile des Investitionsprojektes würden erst zu einem späteren als bisher geplanten Zeitpunkt realisiert werden, heißt es. Für das ebenfalls in Bau befindliche neue Werk in Leoben samt F&E-Zentrum konnten bereits erste Kunden gewonnen werden.
Mehr Umsatz und Gewinn
Im Geschäftsjahr 2022/2023 konnte trotz Inflation und Preisdruck sowie einer Abkühlung im zweiten Geschäftsjahreshalbjahr im Wachstumssegment IC-Substrate Umsatz und Gewinn deutlich gesteigert werden. Die Erlöse stiegen im Vergleich zur Vorjahresperiode um 13 Prozent auf 1,79 Mrd. Euro, währungsbereinigt blieb ein Plus von 3 Prozent. Das Konzernergebnis legte um 32 Prozent auf 137 Mio. Euro zu. Möglich war dies auch durch ein deutlich beschleunigtes Kostensenkungsprogramm, erläuterte Gerstenmayer.
Auf den Personalstand hat sich das nicht ausgewirkt. AT&S beschäftigt inkl. Leihpersonal weltweit 15.280 Mitarbeitende, um 17 Prozent mehr als vor einem Jahr.
Dividende wird auf 40 Cent gekürzt
Die Dividende für Aktionäre wird voraussichtlich aber deutlich niedriger ausfallen. Der AT&S-Vorstand will der Hauptversammlung am 6. Juli eine Dividende in Höhe von 0,40 Euro je Aktie für das Geschäftsjahr 2022/23 vorschlagen. Im Vorjahr gab es eine Dividende in Höhe von 0,78 Euro je Aktie und Sonderdividende von 0,12 Euro je Aktie.
Verhaltener Ausblick
Für das laufende Geschäftsjahr erwartet AT&S eine anhaltend schwierige Marktlage aufgrund von Inflation, steigenden Zinsen sowie der geopolitischen Entwicklungen. In den Märkten für IC-Substrate wird 2023 für Notebooks eine geringere Nachfrage als 2022 erwartet. Durch hohe Lagerbestände werde der negative Effekt auf die Zuliefererkette noch verstärkt. Erst gegen Jahresende wird eine Verbesserung bei der Nachfrage erwartet.
In Summe rechnet das Management für 2023/24 mit einem Umsatz zwischen 1,7 und 1,9 Mrd. Euro. Exklusive der Effekte aus dem Anlauf der neuen Produktionskapazitäten in Kulim und Leoben in Höhe von rund 100 Mio. Euro wird eine bereinigte EBITDA-Marge zwischen 25 und 29 Prozent erwartet. Nach Inbetriebnahme der neuen Werke soll sich der Umsatz im Geschäftsjahr 2026/27 auf rund 3,5 Mrd. Euro verdoppeln.