Luxus-Industrie will nicht mit russischer Kundschaft brechen
Zwei Tage nachdem Russland seine Panzer in die Ukraine geschickt hatte, empfing Louis Vuitton in Moskau noch wohlhabende Kunden bei Sushi und Champagner. Seit vergangenem Freitag sind die Geschäfte des Luxus-Unternehmens in Russland geschlossen. Auch Kering, Hermès und Chanel haben inzwischen die Läden ihrer Boutiquen in Russland heruntergelassen. Aber die französische Luxusindustrie zögert, sich allzu russlandkritisch zu zeigen. Dafür ist die russische Kundschaft zu wichtig.
Die Haltung der französischen Regierung ist gespalten. Einerseits hält Wirtschaftsminister Bruno Le Maire es für ein "grundsätzliches Problem", mit kremlnahen Wirtschaftsvertretern zusammenzuarbeiten. Andererseits hat Paris bisher darauf verzichtet, französische Unternehmen zum Rückzug aus Russland zu drängen.
Kaufkraft
Noch bevor LVMH sich dazu entschloss, seine Filialen zu schließen, kündigte das Unternehmen Spenden in Höhe von fünf Millionen Euro für das Internationale Komitee vom Roten Kreuz an, "um direkten und indirekten Opfern des Konflikts zu helfen". Die Worte Krieg oder Russland kamen in der Mitteilung nicht vor.
Das Russland-Geschäft ist für die französischen Marken von den Zahlen her nicht besonders wichtig. Aber reiche Russinnen und Russen kaufen Handtaschen, Uhren, Seidentücher und Kosmetik eben nicht nur in Russland, sondern auch in Paris, im Skiort Courchevel oder an der Côte d'Azur, die schon seit dem 19. Jahrhundert ein Tummelplatz für all jene aus Russland ist, die sich etwas leisten können.
LVMH hat im vergangenen Jahr mehr als 64 Mrd. Euro Umsatz gemacht, nach Angaben von "Le Monde" nur zwei Prozent davon in Russland. Das Unternehmen hat nach eigenen Angaben 124 Geschäfte und 3.500 Beschäftigte in Russland, deren Gehälter nun weiter bezahlt werden sollen. LVMH kündigte zudem finanzielle und psychologische Hilfen für seine Beschäftigten an.
Shop-Eröffnung verschoben
Chanel hat 17 Geschäfte und etwa 370 Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen in Russland, Hermès drei Geschäfte und rund 60 Beschäftigte. Die Eröffnung eines Hermès-Ladens in St. Petersburg ist nun auf unbestimmte Zeit verschoben. Auch Kering und der Kosmetikkonzern L'Oréal haben ihre Geschäfte dicht gemacht. L'Oréal lässt seine Produktionsstätte in der Nähe von Moskau allerdings weiter laufen. Dort wird gut die Hälfte der Kosmetika hergestellt, die in Russland verkauft werden.
Von den französischen Luxusmarken hat LVMH wohl den besten Draht nach Russland. Unternehmenschef Bernard Arnault, laut Forbes im vergangenen Jahr der drittreichste Mensch der Welt, wurde 2016 vom russischen Präsidenten Wladimir Putin im Kreml empfangen.
Ausstellung
Bei dieser Gelegenheit bedankte sich Putin bei ihm, dass Arnault die Ausstellung des bedeutenden Kunstmäzens Sergei Schtschukin in Paris organisiert hatte. Die Ausstellung "Ikonen der Moderne" hatte eine Rekordzahl von 1,3 Millionen Besuchern angezogen - kulturelle "soft power", von Moskau gewollt und gefördert.
Derzeit ist in der Fondation Louis Vuitton die Nachfolge-Ausstellung zu sehen, die Ausstellung der Sammlung Morozov, die zahlreiche französische und russische Meisterwerke vereint. Der Luxuskonzern LVMH hat die Ausstellung auch dadurch ermöglicht, dass er die Restauration einiger bedeutender Werke finanziert hat. Zur Eröffnung im vergangenen September erschien auch Frankreichs Präsident Emmanuel Macron.
Der Ausstellungskatalog enthält eine Besonderheit, nämlich ein gemeinsames Vorwort von Putin und Macron, in dem von "Brücken zwischen unseren Ländern, die die Künstler gebaut haben" und einer "immer schon besonderen Beziehung" zwischen Frankreich und Russland die Rede ist. Zitate aus einer Zeit, die lange vergangen erscheint.