Wirtschaft

Lufthansa-Großaktionär Thiele will Rettungspaket aufschnüren

Gut eine Woche vor der für die Lufthansa-Rettung entscheidenden Hauptversammlung stellt deren Großaktionär das staatliche Finanzpaket infrage. Der Münchner Unternehmer und Eigentümer des Zulieferers Knorr Bremse Heinz Hermann Thiele erklärte in einem Interview mit der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" (Mittwochausgabe), er habe seinen Anteil an der AUA-Mutter weiter erhöht.

Schwelle überschritten

"Am Montagabend habe ich die meldepflichtige Schwelle von 15 Prozent überschritten, die nun auch offiziell mitgeteilt wird." Im März hatte er schrittweise einen Anteil von zehn Prozent an der Lufthansa erworben und stieg damit überraschend zum Großaktionär auf. In dem Interview fordert Thiele, den Rettungsplan für die durch die Coronakrise angeschlagene Fluggesellschaft mit dem Einstieg des deutschen Staates nachzuverhandeln.

Er wehrt sich vor allem gegen die vorgesehene Aktienbeteiligung von 20 Prozent an Europas größter Fluglinie, die der deutsche Staat im Rahmen der Finanzspritze von bis zu neun Mrd. Euro erhalten soll. "Die Lufthansa braucht für Sanierung und Gesundung keine Staatsbeteiligung", sagte der Unternehmer dem Blatt.

Notwendige Kapitalerhöhung

Auf der außerordentlichen Hauptversammlung am 25. Juni müssten die Aktionäre der dafür notwendigen Kapitalerhöhung mit einer Dreiviertelmehrheit zustimmen. Um das Rettungspaket war wochenlang gerungen worden. Die EU-Kommission verlangt für ihre wettbewerbsrechtliche Freigabe, dass die Lufthansa Start- und Landerechte an den Drehkreuzen Frankfurt und München abgeben muss.

"Die Aufstockung ist kein Signal, auf der Hauptversammlung gegen irgendetwas zu stimmen", sagte Thiele der Zeitung. Thiele ergänzte aber, er habe sich zu den HV-Beschlüssen noch keine abschließende Meinung gebildet. Der Großaktionär könnte mit 15 Prozent bei einer geringen Präsenz auf der Hauptversammlung eine Zustimmung verhindern.

Kritik an Lufthansa-Chef

"Ich werde aber sicherlich hier nicht blockieren oder ausbremsen. Ich hoffe vielmehr, dass noch im Vorfeld etwas bewirkt und in Bewegung gebracht werden kann", sagte Thiele der Zeitung weiter. Er kritisierte, Lufthansa-Chef Carsten Spohr habe nicht intensiv genug mit dem Staat verhandelt. Der Großaktionär stört sich außerdem daran, dass die jetzige Lösung als alternativlos dargestellt werde und die Aktionäre zu wenig Zeit hätten, sich mit der komplexen Materie zu beschäftigen.

Thiele erklärte, er bezweifle, dass bei einem Scheitern des ausgehandelten Pakets eine Insolvenz mit einem Totalverlust drohe, wie es ihm Spohr in Telefonaten erklärt habe. "Meines Erachtens sind nicht alle Möglichkeiten ausgeschöpft worden." Thiele ist vor allem die direkte Staatsbeteiligung ein Dorn im Auge, obwohl die deutsche Regierung nach der Vereinbarung ihr Stimmrecht nicht ausüben will und die Lufthansa selbst die staatlichen Aufsichtsratsvertreter aussuchen soll.

Doch der Großaktionär geht davon aus, dass die Politik bei einem Abbau Tausender Arbeitsplätze durch "umfangreicheren sozialen" Ausgleich die Sanierung der Lufthansa erschweren wird. Der Staat solle sich auf die Finanzhilfe beschränken, "minimalinvasiv" vorgehen und nicht in die Rolle eines renditeorientierten Investors hineinwachsen.

Appell von Lufthansa

Das milliardenschwere Rettungspaket könnte bei einer Blockade durch den Großaktionär Heinz Hermann Thiele nach Ansicht der AUA-Mutter Lufthansa noch scheitern. Angesichts der Kritik Thieles sei es möglich, dass das Stabilisierungspaket auf der außerordentlichen Hauptversammlung am 25. Juni die notwendige Zweidrittelmehrheit verfehlen könnte, erklärte die Lufthansa am Mittwoch.

"Dies würde bedeuten, dass die Deutsche Lufthansa AG möglicherweise zeitnah zur Hauptversammlung ein insolvenzrechtliches Schutzschirmverfahren beantragen müsste, wenn es dann nicht unverzüglich zu einer anderen Lösung kommt." Der Vorstand appelliere an alle Aktionär, ihr Stimmrecht wahrzunehmen. "Der Vorstand geht aktuell davon aus, dass die Präsenz bei der außerordentlichen Hauptversammlung am 25. Juni unter 50 Prozent liegen wird", erklärte die Fluggesellschaft weiter.