Letzte Hürde genommen: Aufgeweichtes Lieferkettengesetz kann in Kraft treten
Lange wurde darum gerungen: Heute, Freitag, haben die EU-Staaten das umstrittene EU-Lieferkettengesetz nun endgültig beschlossen. Bei einem Ministerrat in Brüssel gab es grünes Licht.
Ziel des Gesetzes ist unter anderem, dass große Unternehmen künftig vor europäischen Gerichten zur Verantwortung gezogen werden können, wenn sie von Menschenrechtsverstößen in ihren Lieferketten profitieren, etwa von Kinder- oder Zwangsarbeit. Die Unternehmen müssen außerdem Klima-Pläne erstellen. Mit diesen soll sichergestellt werden, dass ihr Geschäftsmodell mit dem Ziel vereinbar ist, die Erderwärmung auf 1,5 Grad im Vergleich zur vorindustriellen Zeit zu begrenzen.
Betroffene Unternehmen müssen nach Angaben des EU-Parlaments etwa vertragliche Zusicherungen ihrer Zulieferer einholen. Falls nötig, müssten sie außerdem kleine und mittlere Unternehmen, mit denen sie Geschäfte machen, unterstützen, damit diese den neuen Verpflichtungen nachkommen könnten.
Zwei Jahre Zeit für Umsetzung
Nachdem das EU-Parlament im April seine finale Zustimmung gegeben hat, wird das Gesetz nun im EU-Amtsblatt veröffentlicht und tritt in Kraft. Die EU-Staaten haben dann zwei Jahre Zeit für die nationale Umsetzung.
Die EU-Staaten konnten sich erst nach mehreren Anläufen im März auf einen gemeinsamen Kompromiss einigen - trotz des Widerstands einiger Länder, darunter Österreich. Auch im EU-Parlament hatte das Gesetz keine überragende Mehrheit erreicht: 374 Abgeordnete stimmten für das Vorhaben, 235 dagegen (19 Enthaltungen).
Regeln für Unternehmen aufgeweicht
Allerdings wurde der Anwendungsbereich deutlich eingeschränkt. Die neuen EU-Regeln waren im Verhandlungsprozess abgeschwächt worden, sodass davon weniger Unternehmen betroffen sind als ursprünglich geplant.
Ursprünglich sah ein Kompromiss von Unterhändlern der EU-Staaten und des Europaparlaments vor, dass Unternehmen mit mehr als 500 Beschäftigten und mindestens 150 Millionen Euro Umsatz von den Vorgaben betroffen sind. Diese Grenze wurde jedoch auf 1.000 Beschäftigte und 450 Millionen Euro angehoben, nach einer Übergangsfrist von fünf Jahren.
Nach drei Jahren sollen die Vorgaben zunächst für Firmen mit mehr als 5.000 Beschäftigten und mehr als 1,5 Milliarden Euro Umsatz weltweit gelten, nach vier Jahren sinken diese Grenzen dann auf 4.000 Mitarbeitende und 900 Millionen Umsatz.
Was passiert bei Verstößen?
Die EU-Staaten sollen eine Aufsichtsbehörde benennen, die den Unternehmen auf die Finger schaut. Diese soll auch Strafen gegen Unternehmen verhängen können, wenn diese sich nicht an die Vorschriften halten. Es können Geldstrafen von bis zu fünf Prozent des weltweiten Nettoumsatzes eines Unternehmens fällig werden.
Widerstand aus Österreich
Die deutsche sowie die österreichische Wirtschaft hatten sich gegen die Regelung ausgesprochen. Sie kritisierten unter anderem kaum erfüllbare Dokumentationspflichten. Die deutsche Regierung hatte sich auf Druck der FDP enthalten. Auch der österreichische Wirtschaftsminister Martin Kocher (ÖVP) stimmte dem Vorschlag nicht zu. Nachdem Italien seinen Widerstand aufgegeben hatte, kam die notwendige Mehrheit der EU-Mitgliedstaaten zustande.