Wirtschaft

"Bei Fleisch haben wir oft hohe Ansprüche, kaufen dann aber das Billigste"

Rund 1,5 Tonnen an Lebensmitteln werden hierzulande im Jahr pro Kopf konsumiert. Und dabei besteht eine Lücke zwischen dem, was die Österreicher gesellschaftlich fordern, und dem, was sie durch ihren Konsum und ihr Einkaufsverhalten fördern. Das ergab ein Report vom Verein "Land schafft Leben" zum Lebensmittelkonsum.

In einer kürzlich durchgeführten Befragung der RollAma gab fast die Hälfte der Befragten (48 Prozent) an, dass ihnen Tierwohl wichtig sei. Trotzdem greifen nur wenige von ihnen zu den entsprechenden Lebensmitteln, so der "Land schafft Leben"-Report.

Nur vier Prozent Bio

Beim Schweinefleisch etwa liegt der Anteil an Bioprodukten, die hierzulande produziert werden, bei nur vier Prozent. Davon werden nur 1,4 Prozent in Österreich konsumiert. Der Rest wird ins Ausland exportiert. 

Maria Fanninger und Hannes Royer vom "Land schafft Leben" fordern bei einem Pressegespräch zum Report deswegen eine bessere Bewusstseinsbildung und verstärkte Transparenz als Gegenmaßnahmen, um den Fokus stärker auf bewussten Konsum zu lenken.

12 Prozent des monatlichen Haushaltseinkommen - und damit 392 Euro monatlich - geben die Menschen in Österreich im Schnitt für Lebensmittel und alkoholfreie Getränke aus. 

Außer-Haus-Verzehr oder alkoholische Getränke sind in diese Zahl nicht eingerechnet. 

Der Wert ist im europäischen Vergleich eher klein: In Italien geben die Menschen fast 17 Prozent ihres monatlichen Einkommens für Lebensmittel aus, in Rumänien sind es sogar mehr als 20 Prozent.

Verpflichtende Herkunftskennzeichnung

Die Experten fordern vor allem eine verpflichtende Kennzeichnung von Herkunft und Haltung im Lebensmittelhandel. Diese Verpflichtung soll auch für Importware, sowie in der Gastronomie und Gemeinschaftsverpflegung eingeführt werden.

"Obwohl vor allem die Haltungskennzeichnung in der Bauernschaft umstritten ist, sind wir der Meinung, dass mehr Transparenz langfristig zu höherer Qualität führt", sagte Royer.

Er sieht auch die Konsumenten in der Pflicht, Bauern durch ihre Konsumentscheidungen zu unterstützen: Landwirte, die etwa einen Tierwohlstand bauen, müssten etwa 30 Jahre lang abbezahlen. "Wenn der Konsument dann nach drei Jahren entscheidet, doch wieder Billigprodukte zu kaufen, wer zahlt dann den Kredit zurück?", fragt Royer.

Österreicher legen Wert auf Geschmack

Laut Eurobarometer von 2022 achten die Österreicher beim Einkauf von Lebensmitteln vorrangig auf den Geschmack (60 Prozent). Dahinter liegen die Herkunft (54 Prozent) und die Kosten (43 Prozent). 

Europaweit betrachtet sehen die Kaufmotive etwas anders aus als hierzulande: Dort liegen die Kosten mit 54 Prozent auf dem ersten Platz, dicht gefolgt vom Geschmack (51 Prozent) und der Lebensmittelsicherheit (46 Prozent).

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Putenfleisch als Negativbeispiel

Dass die Herkunft als Faktor für die Kaufentscheidung scheinbar relevant ist, schlägt sich nicht immer im Konsumverhalten nieder, wie das Beispiel Putenfleisch zeigt: Die Hälfte des Putenfleischs, dass in österreichischen Einkaufswägen landet, stammt aus dem Ausland. Wird es Außer-Haus verspeist, liegt der ausländische Anteil sogar bei 90 Prozent. 

„Das, was wir gesellschaftlich fordern, fördern wir nicht durch unser Konsumverhalten. Gerade bei Fleisch haben wir oft sehr hohe Ansprüche an die Lebensmittelproduktion, kaufen dann aber das Billigste“, sagt dazu Fanninger.

Fleisch als Aktionsware

Wer in Österreich Fleisch einkauft, greift nämlich auch besonders gerne zu Aktionsware. 44 Prozent der Fleischprodukte sind beim Kauf in Aktion. Dieser Wert ist EU-weit nur in Tschechien höher.

Die Produkte, die die Österreicher am liebsten in Aktion kaufen, sind Kaffee und Bier. Bei Letzterem liegt der Wert sogar bei 70 Prozent – und er steigt noch einmal an, während Großereignissen wie der aktuellen Fußball-Europameisterschaft.