Krise traf Flughafen Wien schwer, aber Luftfahrt jetzt im Aufwind
Von Andrea Hodoschek
"Vor einigen Wochen hätte ich noch gesagt, das Glas ist halb leer. Jetzt aber ist es halb voll", schildert Julian Jäger, Vorstand der Flughafen Wien AG, den Stimmungsumschwung auf dem Airport. Seit Juli liegt das Passagierniveau bei rund 50 Prozent vor der Krise, sodass die Prognose von zehn Millionen Passagieren für das Gesamtjahr 2021 erreichbar sei. So wenig Passagiere zählte der Flughafen zuletzt Mitte der 1990er Jahre.
Die Zahl der Flüge hat rund 60 Prozent des Vor-Krisen-Niveaus erreicht, die Auslastung der Flugzeuge liegt bei rund 70 Prozent (zehn Prozentpunkte unter 2019). Derzeit starten in Wien 60 Airlines in 164 Destinationen und 57 Ländern.
Geschäftsreisen
Für 2022 herrschte angesichts erwarteter Nachzieheffekte "viel Optimismus am Markt", sagte Jäger am Dienstag im Klub der Wirtschaftspublizisten. Der Winter sei noch schwer einzuschätzen, doch für den Sommerflugplan ab Ende März 2022 sei er "sehr optimistisch". Die Geschäftsreisen kämen wieder zurück, auch der touristische Flugverkehr. Für 2022 werde auch - soferne nicht wieder etwas Unerwartetes passiert - das Kongressgeschäft wieder anziehen, in Wien seien bereits 90 Kongresse gebucht, davon einige mit mehr als Zehntausend Besuchern.
"Das Schlimmste liegt hinter uns – aber es war schon sehr schlimm", erklärt Flughafen-Vorstand Günther Ofner. Seit Beginn März 2020 habe die börsenotierte Flughafen AG eine Milliarde Euro an Umsatz verloren, "das war ein schwerer Rückschlag für ein Unternehmen in unserer Größenordnung". Die Passagierzahlen von Jänner bis Mai 2021 lagen bei einem Zehntel des Vorkrisen-Niveaus, "eine absolute Katastrophe". Das Frachtgeschäft dagegen lief ganz gut und lag bei 85 Prozent des Vor-Krisen-Niveaus. Viele Transporte hätten sich vom Land- und Seeweg in die Luft verschoben.
Nach einem Verlust von 75 Millionen Euro im Vorjahr rechnen die beiden Flughafen-Chefs für heuer beim Ergebnis mit "einer schwarzen Null". Dank Kurzarbeit kam der Flughafen bis jetzt ohne Kündigungen durch, nach wie vor sind alle der mehr als 5000 Mitarbeiter auf Kurzarbeit, ausgenommen die Feuerwehr und die Elektriker. Die Vorstände arbeiten zwar nicht kurz, verzichten aber aus Solidarität auf 20 Prozent ihres Einkommens. An Kurzarbeitshilfe erhält der Flughafen für 2020 und 2021 insgesamt 150 Millionen Euro. Außerdem wurden Leistungen, die vor der Krise an Fremdfirmen ausgelagert waren, wieder"ingesourct". Um die Mitarbeiter in der Bauabteilung zu halten, nahm man Fremdaufträge an. Wie lange die Kurzarbeit noch notwendig sei, können Ofner&Jäger derzeit nicht abschätzen.
3. Piste
Die für heuer geplanten Investitionen von 230 Millionen Euro werden auf 60 Millionen herunter gefahren, der Großteil davon entfällt auf den Bau der größten heimischen Photovoltaik-Anlage. Aufgeschoben wurde die Erweiterung des Terminal 3 Richtung Süden.
Die heftig umstrittene, höchstgerichtlich genehmigte 3. Piste liegt derzeit auf Eis. Zwischen 2023 und 2025 könnte intern die Entscheidung über einen von der Entwicklung des Flugverkehrs abhängigen möglichen Baubeginn fallen. Die Bauzeit gaben die Airport-Chefs mit sechs bis sieben Jahren an. So müssten beispielsweise die Transadria-Pipeline und die Bundesstraße verlegt werden. Die Notwendigkeit der neuen Start- und Landepiste sei nicht so sehr von der Entwicklung der Gesamt-Passagierzahlen abhängig, sondern von der Spitzenbelastung morgens und abends.
CAT
Der immer noch eingestellte City Airport Train, eine Schnellverbindung vom Bahnhof Mitte zum Flughafen, werde voraussichtlich ab Ende März 2022 wieder starten. In halbstündigen Intervallen, wie vor Corona.