Zweites Halbjahr 2019: „Kein Grund zur Panik"
Eine Zusammenfassung darüber, was im kommenden Halbjahr in der Wirtschaft, am Arbeitsmarkt, in der Politik passiert und passieren könnte. Auch in den Spitzenpositionen einiger großer Unternehmen tut sich viel – große Namen gehen, neue kommen. Zum Schluss erfolgt ein Ausblick auf die Neuerscheinungen am Buchmarkt, sowie wichtige Termine, die schon jetzt im Kalender stehen sollten.
Konjunktur
Droht eine Rezession? Österreich bleibt von all diesen Turbulenzen natürlich nicht unbeeinflusst. Grund zur Panik bestehe aber nicht, beruhigt Margit Schratzenstaller, Vizechefin des Wirtschaftsforschungsinstituts (WIFO): „Von einer Krise oder drohenden Rezession kann überhaupt keine Rede sein.“ Der Höhepunkt im Wirtschaftszyklus ist freilich überschritten, die Hochkonjunktur vorbei.
Was heißt das in Zahlen? Nach einem kräftigen Wachstum der österreichischen Wirtschaft von im Vorjahr 2,8 Prozent erwartet das WIFO für heuer ein Plus von real 1,7 Prozent. Große Sprünge dürften auch 2020 nicht drin sein. Das WIFO erwartet 1,5 Prozent Zuwachs und ist damit jüngst etwas skeptischer geworden.
Warum gibt es weniger Wachstum? Der Hauptgrund ist der Außenhandel. „Österreichs Exportwachstum ist durch die internationale Abschwächung zurückgegangen, statt 4,4 Prozent Plus im Vorjahr erwarten wir hier heuer 2,4 Prozent“, erklärt Schratzenstaller. Ungefähr ein Drittel der rot-weiß-roten Exporte hängt am momentan eher schwächelnden Deutschland.
„Der Boom in Mittel- und Osteuropa federt das aber etwas ab“, erläutert die Ökonomin. Die Dynamik der anderen Faktoren sei „ganz gut“: Der Konsum der privaten Haushalte wächst robust, die Unternehm en nehmen noch Geld für Investitionen in die Hand.
Arbeitsmarkt
Gibt es wieder mehr Arbeitslose? Eine Kehrseite des schwächeren Wachstums zeigt sich im Jobmarkt. Der Höhepunkt der Arbeitslosigkeit war in Österreich mit 9,1 Prozent 2015/’16 erreicht. Im heurigen Jahr sollte sich noch einmal ein Rückgang auf 7,5 Prozent ausgehen. „Das war es dann aber wohl“, sagt Schratzenstaller. Die Arbeitslosigkeit dürfte auf dem relativ hohen Niveau – verglichen mit vor der Krise – verharren.
Muss man mit mehr Konkurrenz rechnen? Während die Nachfrage nach Arbeitskräften künftig etwas schwächer ansteigt, nimmt das Angebot an Arbeitskräften unverändert zu. Viele Ältere bleiben länger im Erwerbsleben, die Beschäftigungsquote von Frauen (oft Teilzeit, aber doch) nimmt zu und ausländische Arbeitskräfte drängen, primär aus der EU, auf den Jobmarkt.
Finanzmarkt und Zinsen
Was für Pläne hat die EZB? Bis vor wenigen Wochen wurde gerätselt, wann die Europäische Zentralbank (EZB) die erste Zinsanhebung vornehmen könnte. Sicher nicht vor Mitte 2020, war die Auskunft. Jetzt wird von den Marktteilnehmern eine Zinssenkung erwartet. Der Grund: Die Inflationserwartungen, eine Richtschnur für die EZB-Geldpolitik, sind weit unter den Zielwert von zwei Prozent gefallen.
Was sagen die Experten? Die Analysten glauben, dass die EZB jenen Zinssatz, zu dem die Banken bei ihr Geld parken, von -0,4 Prozent auf -0,6 Prozent absenken wird. Was bedeutet, dass Sparbuch-Sparer noch mehr Kaufkraft einbüßen. Die Aktienkurse sollten an sich profitieren, viel Luft nach oben wird hier aber nicht mehr gesehen. Der Vermögensverwalter DWS sieht den deutschen Aktienindex DAX am Jahresende bei 12.300 Punkten und den US-Index S&P 500 bei 3.000 Zählern. Das wären nur noch kleine Zuwächse.
Politik
Welche Themen rücken in den Fokus? Auf die Politik warten langfristige Baustellen, die einen enormen Investitionsbedarf mit sich bringen: Gemeint sind Klimawandel, Digitalisierung und Alterung. Wenn jetzt nichts in Sachen Dekarbonisierung unternommen werde, dann fielen später noch höhere Anpassungskosten an, warnt Schratzenstaller.
Die Höherqualifizierung der Arbeitskräfte für die digitale Welt gibt es nicht zum Nulltarif und auch eine alternde Gesellschaft verursacht Mehrkosten (Pflege). Sollte das Zinstief genützt werden, um sich günstig zu verschulden? Die Ökonomin rät dringend ab. Das würde den Druck nehmen, Spielraum im Budget zu schaffen. „Und irgendwann werden die Zinsen doch wieder steigen.“
Wer geht? Wer kommt?
Große Namen treten im zweiten Halbjahr von der Management-Bühne ab:
Wolfgang Eder verlässt nach 24 Jahren die voestalpine
Gleich mit Beginn des zweiten Halbjahres, am 3. Juli, ist es so weit: Wolfgang Eder, seit 1995 im Vorstand des Stahlriesen voestalpine, legt sein Amt nieder. Der Aufsichtsrat wird empfehlen, Eder als neuen Vertreter in den Aufsichtsrat zu wählen. Somit könnte er, nach einer zweijährigen „Cooling-off- Periode“ den Aufsichtsratsvorsitz übernehmen. Neuer Vorstandsvorsitzender wird Herbert Eibensteiner. Er ist seit 2012 im Vorstand der voestalpine.
Ewald Nowotny tritt nach elf Jahren als Gouverneur der Österreichischen Nationalbank ab
Am 31. August 2019 geht eine Ära zu Ende: Notenbank-Gouverneur Ewald Nowotny wird vom früheren Weltbank-Direktor Robert Holzmann abgelöst. Nowotny, Jahrgang 1944, war seit 2008 in dieser Funktion.
Andreas Treichl scheidet nach 25 Jahren aus der Erste Group aus
Andreas Treichl wird zum Jahresende 2019 aus seiner Funktion als Vorstandsvorsitzender der Erste Group ausscheiden. Treichl, seit 1994 in der Bank, konnte bei seiner letzten Jahresbilanz als Chef einen Rekord-Nettogewinn von 1,8 Mrd. Euro vermelden. Bernhard Spalt, seit 25 Jahren in der Erste Group, ist sein Nachfolger.
Was kommt noch?
Neue Universität in Wien
Die private CEU (Central European University), salopp auch „Soros-Uni“ genannt, nimmt im Herbst ihren Betrieb in Wien auf. Zunächst in einem Überbrückungsquartier auf der Quellenstraße (1100 Wien), ab 2023 dann dort, wo die Uni fix angesiedelt werden soll: am Otto-Wagner-Areal, bekannt vom gleichnamigen Spital.
Neuerscheinungen am Buchmarkt
Was macht die Weltmacht China besser, warum sind auch ältere Fachkräfte gefragt und welche Höhen und Tiefen meistern Unternehmer?
Die Top-3-Lesetipps als Slide-Show
Wichtige Termine im Herbst und Winter
25. - 28. Juli: Salzburg Summit
Eine neue Plattform zum Austausch von Wirtschaft, Kultur und Politik. www.salzburgsummit.com
22. - 27. August: WorldSkills in Kazan
An den Berufsweltmeisterschaften in Russland nehmen 46 Fachkräfte aus Österreich teil. Der KURIER ist mit dabei und wird ausführlich berichten. www.wko.at/site/skillsaustria/worldskills.com
14.-30. August: Europäisches Forum Alpbach
Heuer findet „Alpbach“ unter dem Motto Freiheit und Sicherheit statt. www.alpbach.org/de
7.-8. September: Gault&Millau Genuss-Messe 2019
100 Haubenköche, 70 Winzer und Produzenten stellen ihre Kreationen zum Verkosten bereit. www.at.gaultmillau.com
12. September: Tag der offenen Tür im KURIER
Mit Führungen durch die Redaktion und einem vielfältigen Programm im Veranstaltungszelt. www.kurier.at/kurierveranstaltungen
24. September: Tag der Frau in der Wirtschaft
Netzwerk-Veranstaltung – nähere Informationen und Einladungen folgen. www.wko.at/service/veranstaltungen.
9.-10. Oktober: HR Inside Summit
Der jährliche Branchentreff für Personalchefs und Personalberater. www.hrsummit.at
9.-10. Oktober: Gainer – Das Industriefestival
Ein Kongress für Start-ups, Young Talents und Industrieunternehmen. www.industriemedien.at
13.-15. Oktober: 16. CIO-Kongress
Über 450 IT-Manager tauschen ihr Wissen aus und diskutieren über aktuelle Themen. www.lsz-consulting.at/events
12. November: IT Karriere Forum Wien
Ein Karriere-Networking-Event bei dem Unternehmen auf IT-Talente treffen. www.itkf.at/events
14. November: Tourismus-Forum
Mit dem Thema „Die Zukunft des österreichischen Tourismus ist global.“ www.club-tourismus.org