Wirtschaft/Karriere

EuroSkills-Erfolg: Warum sind unsere jungen Fachkräfte so gut?

In Halle 8 am Schwarzl Freizeitzentrum liegt Spannung in der Luft. Es ist heiß, Besucher drängen sich durch die engen Gänge, darunter auch Arbeitsminister Martin Kocher und der steirische Landeshauptmann Hermann Schützenhöfer.

Sie alle sind gekommen, um die letzten Minuten des dreitägigen Wettbewerbs zu sehen. Die beiden Niederösterreicher Georg Engelbrecht und Daniel Mühlbacher tangiert der Trubel kaum. Sie wirken fokussiert, die letzten Handgriffe werden unternommen. Und dann ist es endlich so weit: Die Sirene heult, Schlusspfiff. Der Bewerb der Betonbauer bei den EuroSkills 2021 ist geschlagen.

Die Menge jubelt, rot-weiß-rote Fahnen werden geschwenkt. Die beiden jungen Männer wirken ein wenig planlos, wissen nicht so recht wohin sie sich wenden sollen. Zum Glück kommt Trainer und Experte Thomas Prigl auf sie zu. Dann gibt es kein Halten mehr, alle drei liegen sich erleichtert in den Armen. 

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Erfolgreiche Maler

Angespannt geht es einige Hallen weiter zu, wo Christoph Pessl die letzten Pinselstriche an die Wand setzt. Erwartungen und Druck sind groß, haben die Maler in der Vergangenheit bei Welt- und Europameisterschaften doch regelmäßig Gold geholt.  Pessl enttäuscht nicht, er steht am Ende ganz oben am Siegerpodest. Und auch Georg Engelbrecht und Daniel Mühlbacher holen Gold nachhause. 

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Erfolgreiches Team Austria

Bei der Europameisterschaft der Berufe, den EuroSkills, die erstmals in Österreich stattfanden, flossen in der vergangenen Woche Schweiß und Tränen. Die rund 400 Teilnehmerinnen und Teilnehmer aus mehr als 20 Nationen durchlebten ein Wechselbad der Gefühle. Im Schwarzl Freizeitzentrum nahe Graz stellten sie in 48 unterschiedlichen Berufen ihr Können unter Beweis. Österreich schickte mit 54 Teilnehmerinnen und Teilnehmern das bisher größte Team seit der Teilnahme an so einem Bewerb ins Rennen.

Ihr Ziel: Das Ergebnis der EuroSkills 2018 in Budapest – damals waren es 21 Medaillen – zu übertreffen. Und tatsächlich, das Team Austria räumte groß ab: 11 Mal Gold, 12 Mal Silber, 10 Mal Bronze und vier „Medallions for Excellence“ für außerordentliche Leistungen. Österreich wurde  mit 33 Medaillen die beste EU-Nation. Im Medaillenspiegel liegen die heimischen Fachkräfte nur knapp hinter Russland, dem diesjährigen Erstplatzierten. 

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Schwierige Vorbereitungen

Und das, obwohl die Vorbereitungen alles andere als einfach waren. Zwei Mal musste man corona-bedingte Verschiebungen hinnehmen. Das Starterfeld in Graz war wegen der Pandemie um ein Drittel kleiner als sonst. So haben etwa Großbritannien, die skandinavischen Länder und auch die Niederlande keine Teilnehmerinnen und Teilnehmer entsandt.

Auch dieses Mal war es bis zuletzt eine Zitterpartie, die Durchführung der Veranstaltung hing aufgrund der Pandemie erneut am seidenen Faden: „Für die jungen Fachkräfte und auch für ihre Trainer und Experten war die große Unsicherheit enorm schwierig“, sagt der steirische SkillsAustria-Verantwortliche Johannes Fraiss. „Alle hatten ein Jahr länger Zeit fürs Training, aber die Spannung aufrecht zu erhalten, war nicht so einfach. Ein paar Teilnehmer sind auch abgesprungen, kurzfristig mussten neue gefunden werden.“ Nun sei man umso glücklicher, dass alles perfekt geklappt hätte und das Team Austria auch noch derart erfolgreich war. 

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Warum sind unsere Fachkräfte so gut?

„Die duale Ausbildung, bei der die Lehrlinge im Betrieb und in der Berufsschule lernen, ist sicher ein Startvorteil, den viele andere Länder einfach nicht haben“, sagt EuroSkills-Initiator Josef Herk.  Damit werde sichergestellt, dass der Nachwuchs Kompetenzen auf allen Ebenen erwirbt. 

Der Weg aufs Siegerpodest ist trotzdem ein langer. Steinmetz Sebastian Wienerroither etwa bereitete sich schon mehrere Jahre auf den Bewerb vor, hat die nationalen Meisterschaften gewonnen und nahm bereits bei der internationalen Berufsmeisterschaft WorldSkills 2019 in Kazan (Russland) teil. Damals holte er  Silber. Für die Europameisterschaft hat er noch einmal eines draufgelegt und anhand von Aufgaben früherer Skills trainiert.

Auch die Erfahrung und das Wissen von Mentor Bernhard Hasenöhrl, Steinmetz und Berufsschullehrer aus Salzburg, habe geholfen. In seinem Betrieb hat Wienerroither wieder und wieder Entwürfe auf sehr wenig Platz in sehr kurzer Zeit umgesetzt. Und am Ende hat es gereicht: Wienerroither holt Gold für Österreich.

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Die Skills als Motivationsfaktor

Ein ähnliches Erfolgsteam sind auch Bäcker Simon Sailer und sein Trainer Erwin Heftberger. Letzterer war selbst als Teilnehmer bei den WorldSkills 2002 in Paris dabei. „Mit dem, was wir damals gemacht haben, hätten wir heute aber keine Chance mehr“, sagt er. Backen sei vielfältiger geworden, Individualität spiele heute eine größere Rolle, als das früher der Fall war. Und auch die anderen Nationen werden zunehmend besser. Russland und auch die asiatischen Länder trainieren heute  gezielt auf solche Wettbewerbe hin.

In Korea, so hört man es, bekommt man für eine Goldmedaille bei den Skills ein Haus geschenkt. So weit ist man in Österreich zwar noch nicht, aber auch hierzulande haben die Wettbewerbe einen hohen Stellenwert. „Viele Teilnehmerinnen und Teilnehmer haben schon am Beginn der Lehre das große Ziel, einmal hier dabei zu sein. Die Skills sind ein wichtiger Motivationsfaktor, um beruflich sein Bestes zu geben“, sagt Heftberger.

Der Zusammenhalt im Team führt zum Erfolg

Eine Tatsache, die auch Grafikdesigner Fabian Gwiggner bestätigen kann. 2016 gewann der Tiroler die Goldene bei den Berufseuropameisterschaften im schwedischen Göteborg. Von da an ging es weiter steil bergauf. „Die Aufmerksamkeit, die man dadurch bekommt, ist schon besonders. Man ist am Radar der besten Arbeitgeber, so viel steht fest.“ Gwiggner hat danach zwei Jobangebote bekommen, „aber nicht angenommen, weil ich mit meinem Arbeitgeber sehr zufrieden war.“ Doch die Kontakte, die er damals knüpfte, seien noch heute wichtig für ihn. „Ich konnte dadurch auch einige Aufträge an Land ziehen.“ 

Für den Erfolg der Österreicher hat Gwiggner übrigens zwei Erklärungen. Zum einen die duale Ausbildung. „Eine super Kombination aus Theorie und Praxis, die auch die Exzellenz der österreichischen Experten erklärt, die ebenfalls aus diesem System kommen.“ Zum anderen liege es aber auch am Zusammenhalt des gesamten Teams. „Es gibt regelmäßige Treffen aller Teilnehmer, bei denen alle auf den Wettkampf eingestimmt werden. Die Betreuer legen wirklich großen Wert auf den Zusammenhalt. Das ist sicher auch ein Erfolgsbooster“, meint Gwiggner.

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Unternehmen als Talentschmiede

Ihren Nachwuchs im Bewerb zu fördern, kann auch für die Unternehmen eine Chance sein: „Die Teilnahme und der Erfolg bei Wettbewerben ist nicht nur ein guter Gradmesser für die Qualität der Ausbildung im Unternehmen, sondern auch ein gutes Aushängeschild, dass wir einen hohen Level fahren und unsere Lehrlinge zu den Besten gehören. Ein viel schöneres Kompliment kann es für uns gar nicht geben“, sagt Stefan Graf, CEO von Leyrer und Graf, dessen Schützlinge beim Bewerb Gold holten.

Seine Erklärung für das traditionell gute Abschneiden der Österreicher: Die hochqualitativen Unternehmen in Österreich, die eine wahre Talentschmiede seien, das triale Ausbildungssystem in der Baubranche, das sich bewährt habe. Und  die Erfahrung langjähriger Mitarbeiter, die ihr Wissen den Jungen weitergeben würden. „Bei uns trainieren einige Mitarbeiter, die selbst früher bei Bewerben teilgenommen haben,  nun  junge Kollegen“, sagt Graf. Das mache einen großen Teil des Erfolgsgeheimnis aus.