Wirtschaft

IV-Präsident fordert dringend Hilfen für energieintensive Unternehmen

Der Präsident der Industriellenvereinigung (IV), Georg Knill, hat den Ruf seiner Organisation nach staatlichen Hilfen an Firmen für die Energiewende bekräftigt. Als rasche Strompreiskompensation forderte er in der ORF-Pressestunde (diesmal unter anderem mit der stv. KURIER-Innenpolitik Chefin Johanna Hager) 200 Mio. Euro, dazu brauche es einen "Transformationsfonds". Dieser Fonds solle langfristig funktionieren und jährlich mit 300 Mio. Euro aus Einnahmen aus dem Emissionshandel gefüllt werden, hieß es auf Nachfrage.

"Eine dauerhafte Förderstruktur mit entsprechender Dotierung ist auf nationaler Ebene als 'Transformationsfonds' für die energieintensive Industrie zu schaffen", sagte Knill der APA zum geforderten Transformationsfonds. "Die Einnahmen aus dem ETS (EU-Emissionshandelssystem, Anm.) sollten die nächsten zehn Jahre zweckgebunden zur Unterstützung der ETS-Unternehmen verwendet werden." Es gehe beispielsweise um das Vorantreiben von Wasserstoff als Gas-Substitut oder das Abscheiden von CO2.

Die Industrie stehe insgesamt "voll hinter den Sanktionen zur Verteidigung der Werte Europas", die alle dem menschlichen Leid unterzuordnen seien, betonte Knill im ORF-Fernsehen. "Aber die Sanktionen treffen auch die österreichische Wirtschaft." Der Export nach Russland sei nach der Annexion der Krim schon um ein Drittel eingebrochen. Kommt es nun zu einem totalen Ausfuhrstopp kostete das die heimische Exportwirtschaft 1,2 bis 1,8 Mrd. Euro, rechnete der Chef der Knill-Gruppe und der IV vor. "Das ist der Preis, den wir gewillt sind, mitzutragen."

Weniger Verständnis zeigte Knill rund um das Vorgehen der Bundesregierung bzw. der Umwelt- und Energieministerin Leonore Gewessler (Grüne) bei der Energiewende - die durch den Russland-Ukraine-Krieg auch nicht einfacher werde: "Wir können nicht Fortfahren in der Transformation wie vor 25. Februar gedacht."

Und der Startschuss zur Energiewende sei noch gar nicht gefallen, da weiter "wesentliche Teile" - Richtlinien und Verordnungen - zum Erneuerbarenausbaugesetz (EEG) fehlten. Daher könne auch die Verschiebung der ab Juli geplanten CO2-Steuer angedacht werden müssen, wie zuletzt von Wirtschaftskammerpräsident Harald Mahrer (ÖVP) gefordert. "Das ist das gleiche Problem wie beim EEG: Die ökosoziale Steuerreform ist zwar beschlossen, aber es gibt keine Definition von Ausgleichsmechanismen", kritisierte Knill.

Aufgrund der immensen Energiekosten brauche man aber "jetzt Rückenwind und nicht Gegenwind von der Energieministerin", forderte Knill "gezielte Kompensationen für energieintensive Industrien", wie sie in 13 EU-Ländern angewendet würden. Die bisher von der Regierung vorgestellten Pakete zur Abfederung der Energiekostenexplosion würden die Industrie bisher nicht berücksichtigen. Rückendeckung erhielt der IV-Chef bei den Forderungen nach Energiehilfen von Wirtschaftskammer-Generalsekretär Karlheinz Kopf (ÖVP).

Für die Transformation hin zu Erneuerbaren brauche es aber dringend riesige Investitionen. Die Industrie sei Treiber für die Zielerreichungen - und stehe auch hinter all den Zielen wie Strom gänzlich aus Erneuerbarer Energie bis 2030 und den europäischen "fit for 55"-Vorhaben, versicherte Knill.

Die Forderung nach der 200 Mio. Euro schweren Strompreiskompensation sei jener Punkt in einem 9-Punkte-Forderungspapier der Sozialpartner und der IV, den die Industriellenvereinigung eingebracht habe. Die IV und die Sozialpartner hatten am Mittwoch einen "Gipfel" bei der Bundesregierung, den diese als "Gedanken- und Ideenaustausch" bezeichnet hatte. Was sich sonst noch an Forderungen finde, wollte Knill nicht verraten. Innerhalb der kommenden beiden Wochen werde man weiterberaten.

Zu den Lohnverhandlungen, in denen die Arbeitnehmervertreter in der Elektro- und Elektronikindustrie aktuell ein Plus von 6 Prozent verlangen, wollte sich Knill nicht konkret äußern. Eine Lohn-Preisspirale müsse aber verhindert werden. Es gehe um kostendämpfende Pakete durch die Politik, damit die Inflation im Rahmen bleibe. Eine Rezession sah Knill nicht kommen, es gebe etwa bei Lieferstopps aber die "Gefahr eines Null-Wachstums". Er verwies auch auf viele Unwägbarkeiten in einer "für alle Betroffenen herausfordernden Situation". "Wir erwarten für heuer ein Wachstum von 3,25 Prozent." Die Auftragsbücher seien voll und die Auftragseingänge relativ normal.

Zum Thema Corona-Pandemie kritisierte Knill "fehlendes Krisenmanagement" nicht alleine beim Gesundheitsminister oder dessen Vorgängern sondern "auch bei den Beamten dahinter". "Ich habe in den Herbst blickend Sorgen, mit welchen Maßnahmen oder Nicht-Maßnahmen wir in die nächste Welle rutschen", so der IV-Präsident.