Italo-Interieur: Zwei neue Design-Tempel für Wien
Von Nicole Zametter
Es braucht viel Mut, um Veränderungen durchzusetzen. Auch Durchsetzungskraft und der Glaube an eine Vision sind wichtig. Von alledem hat Pasquale Natuzzi junior genug, wie der KURIER beim Interview mit dem Italiener feststellen konnte. Der Dreißigjährige ist seit 2018 Creative Director von Natuzzi, der von seinem Vater gegründeten Interior-Marke aus Apulien, die seit dieser Woche die Wiener Innenstadt bereichert.
Süditalien mitten in Wien. Schon beim Betreten des Stores in der Mahlerstraße 7, dort wo früher Kaffee in bunten Kapseln verkauft wurde, betritt man heute eine mediterrane Welt: Deckenhohe Fotografien apulischer Landschaften bieten die einladende Bühne für die Hauptdarsteller – Designersofas und Sessel und Betten in sandigen, erdigen Tönen aus feinstem Leder und hochwertigen Stoffen. Luxuriöse Tische aus zwanzig Jahre altem Marmor erzählen Geschichten vom Süden – jede Oberfläche einzigartig von der Natur geformt. Klassische, unifarbene Teppiche werden begleitet von solchen, die vom Muster der Deckenbemalung der Basilika in Bari inspiriert sind. Die Reminiszenz an Apulien, die Heimat von Natuzzi, findet es sich in der gesamten Kollektion wieder.
"Die Diversität der Landschaft war Inspirationsquelle für alle Designteams“, erzählt der gut gelaunte Natuzzi-Boss in seinem neuesten Monobrand Store. Auf der ganzen Welt ist die Marke vertreten, 530 Shops sind es bereits, die von seinem Vater vor sechs Jahrzehnten, aus einem einfachen Handwerksbetrieb gegründet hat. „Für meinen Vater waren alle Natuzzi Designs seine Babys, es war schwer für ihn, loszulassen und die kreativen Prozesse abzugeben. Meine Vision für Natuzzi durchzusetzen war dementsprechend aufwändig. Ich musste lernen, meine Ideen zu verteidigen und besser zu kommunizieren. Das hat auch unsere Beziehung zueinander verändert, verbessert“, so der ambitionierte Juniorchef.
Unter dem klingenden Namen „Circle of Harmony“ lädt PJ – so wird Pasquale Natuzzi jr. genannt – Designer ein, für das Label zu kreieren. Das Sofa Timeless etwa entstand in Zusammenarbeit mit Lorenza Bozolli. „Es ist mein absolutes Lieblingsstück aus dieser Kollektion. Lorenza ist eine großartige Designerin mit unglaublichen Ideen, die Zusammenarbeit mit ihr war fantastisch“, schwärmt Pasquale. „Als Sohn eines Italieners und einer Amerikanerin ist mir Diversität ein Anlegen. Die größte Schönheit entsteht durch mischen und mixen. Alte Ideen werden durch neue Impulse zeitgemäß, fremde Kulturen machen Bekanntes erst interessant. In der Mischung liegt für mich die Harmonie.“
Diese spielt in der Neu-Ausrichtung von Natuzzi unter der Führung des Juniorchefs eine große Rolle. Design in Harmonie mit der Umgebung aber auch global gedacht. Denn, so der Kreativdirektor: „Wandel und Entwicklung bereichern und sind Teil der mediterranen Kultur. Sie sind unerschöpfliche Inspirationsquelle für unsere Kollektionen. Genau unter diesem Gesichtspunkt haben wir diese neue Reise angetreten und neue Designer und Designerinnen hinzugezogen, um die Art und Weise, wie wir unser Zuhause erleben, neu zu überdenken.“
Mehr italienisches Design für Wien
Mit den veränderten Wohnbedürfnissen beschäftigt sich auch der Möbelhersteller Cassina. Die Marke, die Klassiker wie die LC-Serie von Le Corbusier hervorgebracht hat, erhielt kürzlich einen ersten Showroom in Österreich. Die Interior-Expertinnnen von Designfunktion – dem Mekka für Design-Liebhaber in Wien – verbindet eine langjährige Freundschaft mit Cassina. „Wir bemerken, dass die Menschen verstärkt dazu bereit sind, in Klassiker zu investieren. Der Wunsch nach Langlebigkeit und Qualität ist durch die Pandemie wieder spürbar geworden“, so Astrid Zuwa und Jasmin Kapp von Designfunktion. Aus diesem Grund haben die beiden Wohnraum-Expertinnen zwei neue Showrooms eingerichtet und komplett dem Mailänder Traditionsunternehmen gewidmet.
In einem der Räume dreht sich derzeit alles um das Thema Outdoor. Rund um das Sail Out Sofa, inspiriert vom mondän-eleganten Urlaubsfeeling der 1950er-Jahre, wird ein Querschnitt aus der großen Cassina Outdoor Kollektion inszeniert. „Abseits schnelllebiger Trends geht es für uns und auch bei Cassina darum, mit zeitlosem und gutem Design das Wohnen nachhaltig zu gestalten.
Formschöne und dabei strapazierfähige Outdoor-Möbel, die aber aussehen, als wären sie für das Wohnzimmer gemacht, unterstützen diese Philosophie. Auch eine Sonnenliege von Cassina ist quasi für die Ewigkeit gemacht“, schwärmen Zuwa und Kapp von der ihrer gemeinsamen Philosophie, bei deren Umsetzung die Marke Cassina mit ihrem Bewusstsein für Tradition, aber auch der Offenheit für Moderne eine wichtige Partnerin ist.
„Cassina gehört zu den ganz großen Interior Brands, die traditionelles Können mit Handwerkskunst, aber vor allem mit Liebe zum Detail, Einzigartigkeit und Experimentierfreude kombinieren. Dem wollen wir nun eine Bühne mit wechselnden Ausstellungen geben“, so Zuwa und Kapp. Noch ein Grund mehr, den Interior-Spezialistinnen öfter einen Besuch abzustatten.