Wirtschaft/Immo

Interview: „Wohnen bleibt eine sichere Wertanlage“

KURIER: Wie sehen Sie im Rückblick das Immobilienjahr 2020?

Eugen Otto: Das Jahr 2020 hat sich trotz der Corona-Krise für den Immobilienbereich überraschend gut entwickelt. Man könnte sagen, unsere Branche lag wirtschaftlich gesehen auf der Sonnenseite, obwohl es auch klare Verlierer und Gewinner dieser Krise gibt. Während es der Einzelhandel und die Hotellerie sehr schwer hatten, zählt Wohnen eindeutig zu den Gewinnern. Für manche vielleicht überraschend, haben sich auch Gewerbeimmobilien und vor allem Büros stabil entwickelt.

Hat sich durch die Krise auch die Nachfrage der Konsumenten nach Immobilien verändert?

Ja, der lange Aufenthalt daheim hat sicherlich die Kundenwünsche verändert. Die Nachfrage nach Freiflächen, wie Balkon, Loggia, Terrasse und Garten ist deutlich gestiegen. Gerade bei größeren Eigentumswohnungen stellen Kunden die Frage nach einem geeigneten Arbeitszimmer und auch einem Fitnessbereich. Man kann sagen: Wohnen und das eigene Wohlbefinden hat dadurch einen neuen, höheren Stellenwert erfahren. Auch die Lage der Wohnung wird zunehmend kritischer beurteilt: Das dicht verbaute Gebiet, wo es wenig Erholungs- und Grünflächen gibt, wird nun teils anders eingeschätzt als Grünbezirke. Das heißt, aus unserer Beobachtung gewinnen die Grünbezirke stark an Bedeutung.

Sie begehen heuer Ihr 40-jähriges Berufsjubiläum: Wie hat damals alles begonnen mit Otto Immobilien?

Begonnen hat alles 1956. In diesem Jahr hat meine Mutter Gertrude an der Adresse Riemergasse 8 im ersten Bezirk eine Hausverwaltung gegründet. In diesem Haus wurde ich geboren, habe eine wunderschöne und behütete Kindheit erlebt und durfte in unserem kleinen Familienbetrieb den Beruf von der Pike auf lernen. So bin ich im Sommer oft mit dem Fahrrad durch Wien gefahren und habe die Zinszettel ausgetragen. Als 18-Jähriger bin ich dann im Jahr 1980 offiziell in die Hausverwaltung „Gertrude Otto“ eingetreten, 1990 habe ich sie nach Abschluss meines Studiums übernommen. Mein erstes Geschäft war die Vermietung einer Villenetage. Im Laufe der Jahrzehnte habe ich unser Beraterangebot und auch das Unternehmen vergrößert. Heute bieten wir mit mehr als 80 Mitarbeiter alle Dienstleistungen rund um Immobilien an.

Was waren die wichtigsten Meilensteine in Ihrer Berufslaufbahn?

Das war ganz sicher 2011 die Einladung von Knight Frank, dem weltgrößten privaten Immobilienberater, mit uns in Österreich eine exklusive Partnerschaft einzugehen. Damit wurden für Otto Immobilien die Weichen in Richtung Internationalität gestellt. Ein wichtiges Jahr war für mich auch 1996, als die Commerz Real uns ein Beratungsmandat – damals für die Galaxy in der Praterstraße- übertragen hat und damit erstmals ein deutscher Fonds hier in Österreich investierte. Diesen Kunden betreuen wir bis heute.

Und die größten Herausforderungen?

Die größte Herausforderung war es, das Unternehmen, das aus einem kleinen Familienbetrieb im Laufe der Jahrzehnte organisch gewachsen ist, in eine klare und erfolgreiche Struktur zu bringen.

Ein Ausblick: Wie wird das Immobilienjahr 2021 Ihrer Einschätzung nach?

Wir blicken für das nächste Jahr und für die gesamte Branche durchaus positiv in die Zukunft. Unternehmen mit Markterfahrung, die bisher solide und vernünftig gewirtschaftet haben, müssen sich bestimmt keine Sorgen machen. Neu eingeführte Unternehmen am Markt werden es vielleicht etwas schwerer haben. Was Wohnimmobilien in Wien betrifft, so waren diese in den vergangen Jahrzehnten immer eine sehr sichere Wertanlage und werden es aus unserer Sicht auch im nächsten Jahr bleiben. Wir haben seit Beginn der Krise zahlreiche Gespräche mit Kunden, Interessenten, Entwicklern aber auch unserem internationalen Netzwerkpartner Knight Frank geführt – und sehen für den Wiener Wohnungsmarkt gute Aussichten für das Jahr 2021.

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