Wirtschaft

Die "goldenen Zeiten" sind vorbei

Braucht auch Österreich eine „Initiative gegen Abzocker“? In der Schweiz hat die Volksabstimmung gegen überzogene Managergehälter die drittgrößte Zustimmung aller Volksentscheide erhalten, obwohl die Wirtschaft dagegen mobilisierte. Künftig werden Aktionäre in der Schweiz mehr Mitspracherecht bei Vorstandsgehältern erhalten. Millionenschwere „Begrüßungsgelder“ oder „Golden Handshakes“ sollen verboten werden.

Europa zieht nach

Die EU-Kommission begrüßt das Schweizer Ergebnis und erarbeitet gerade einen gesetzlichen Vorschlag zur Begrenzung der Bankerboni ab 2014. Aktionären wird das Recht eingeräumt, über die Vergütung der Unternehmensführung abzustimmen. Bei Verstößen sind Strafzahlungen vorgesehen. RBI-Chef Herbert Stepic sprach kürzlich in einem „KURIER-Gespräch von einer „überwiegend populistischen Maßnahme“ der EU. Und auch Erste-Group-Chef Andreas Treichl hält es für falsch, selbst wenn seine Bank mit so einem Deckel kein Problem habe. Aber es gebe Banken mit anderen Geschäftsmodellen. Die Folge wäre, dass Investmentbanker europäische Institute verlassen würden. Ehrlicher wäre es, gleich zu sagen, dass man in Europa solche Banken nicht haben und dieses Geschäft den Amerikanern überlassen wolle.

In Österreich klafft die Schere zwischen Top- und Durchschnitts-Gagen ohnehin bei Weitem nicht so auseinander wie anderswo. So kam Deutschlands bestbezahlter Manager, VW-Vorstandschef Martin Winterkorn, 2011 inklusive einer Nachzahlung auf 17,5 Millionen Euro. Und der scheidende Chef der Schweizer Firma Novartis hätte fürs Nichtstun (Konkurrenzverbot) gar 60 Millionen Euro innerhalb der nächsten sechs Jahre erhalten. Nach einem Proteststurm verzichtete er.

Heimische Manager und Managerinnen liegen europaweit im unteren Drittel, sagt die Industriellenvereinigung. Laut Triconsult-Studie verdienten Vorstände 2010 durchschnittlich 109.000 Euro netto. Bei den größten Unternehmen (Umsätze über 500 Millionen Euro) liegen die Vorstandsgehälter bei 213.000 Euro netto.

Erste und OMV führen

Wenn man, wie die Arbeiterkammer, auch Boni und Abfertigungen mit einrechnet, kommt man auf weit höhere Beträge. Das Gagen-Ranking wird von Erste-Group-Chef Andreas Treichl angeführt, der 2011 auf knapp 2,5 Millionen Euro kam. Inklusive Abfertigung wurde Treichl 2001 vom scheidenden OMV-Vorstand Werner Auli überholt.

In der OMV sieht man keinen Handlungsbedarf. Man orientiere sich an internationalen Standards. Das Grundgehalt bestimme der Aufsichtsrat. Bei Aktienzuteilungen oder -optionen müsse nicht nur die Hauptversammlung entscheiden, man muss dafür auch mindestens drei Jahre lang in der Firma angestellt sein.

Genügend Leistung?

„Das, was bisher bezahlt wurde, hatte nichts mit Leistung zu tun“, sagt hingegen Anlegervertreter Wilhelm Rasinger. Er plädiert dafür, dass „das Anreizsystem überdacht wird“. Unternehmen sollen einen Vergütungsbericht für die Aktionäre erstellen und über die Durchschnittsgehälter informieren. Die variablen Gehaltsbestandteile sollen auf mehrere Jahre verteilt werden.

Auch Wirtschaftskammer-Präsident Christoph Leitl meint: „Wer leistet, soll entsprechend entlohnt werden. Wer aber nichts leistet oder sogar Schaden anrichtet, darf dafür nicht auch noch belohnt werden.“ Es gebe auch Handlungsbedarf in Österreich, betont Leitl.

Der radikalste Vorschlag kommt aus der Arbeiterkammer: Firmen sollten nur Manager-Gagen bis 500.000 Euro als Betriebsausgabe steuerlich absetzen können.

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Ist es skandalös, wenn Manager das Vierzigfache eines Durchschnittsangestellten verdienen? Jein. Die Schweizer Stimmbürger haben entschieden, dass Aktionäre (also die Eigentümer) über die Höhe von Vorstandsgehälter entscheiden und so Gehaltsexzesse verhindern sollen. Nicht unvernünftig. Gesetzliche Einschränkungen, wie viel Geld private Firmen ihren Geschäftsführern zahlen, sind hingegen übertrieben. Zumindest in Österreich, wo man bei Top-Gagen nicht so überzogen hat wie in anderen Ländern. Auf staatliche und halbstaatliche Unternehmen sowie Banken, für die Steuergeld fließt, könnte man aber durchaus ein strengeres Auge werfen. Die Praxis, dass Managerversagen „belohnt“ wird, indem man den Vertrag vorzeitig auflöst, fehlende Jahre aber auszahlt, ist übel. Wer Millionen verdient, soll auch hohe Verantwortung tragen – und bei eklatanten Management-Fehlern persönlich haften.