Firmenschließungen sind heuer auf 49.350 Fälle gestiegen
Ukrainekrieg, hohe Inflation und steigende Energiepreise – für Österreichs Unternehmen gleicht das Geschäftsjahr 2022 „einer Fahrt in einer Achterbahn“, sagt Ricardo-José Vybiral, Chef des Wirtschaftsinformationsdienstleisters KSV1870. Doch die befürchtete Insolvenzwelle sei bisher ausgeblieben. Die Unternehmensinsolvenzen sind heuer zwar um fast 60 Prozent auf 4.770 Fälle gestiegen, aber sie kletterten damit nur aufs Vorkrisenniveau. In Oberösterreich und Tirol haben sich die Firmenpleiten aber mehr als verdoppelt. Außerdem haben die mangels Vermögens nicht eröffneten Insolvenzverfahren um 92 Prozent zugenommen.
Der KSV1870 erwartet auch im nächsten Jahr eine weitere Steigerung. 5.000 bis 6.000 Firmenpleiten seien laut KSV1870-Experten Karl-Heinz Götze aber „kein Drama, sondern der normale Rahmen“. Auch die Privatkonkurse sind um 15 Prozent auf 8.325 Fälle gestiegen. Sie liegen damit noch deutlich unter dem Vorkrisenniveau.
Kostensteigerungen
Indes sind die Firmenschließungen auf 49.350 Fälle gestiegen, das ist ein Plus von 6.500 Fälle im Vergleich zu 2021. Im Vorkrisenvergleich gibt es einen Anstieg um 12.500 Schließungen. „Das ist ein All-Time-High, weil einerseits die Coronahilfen ausgelaufen sind. Anderseits sind mit den steigenden Kosten und der Inflation zahlreiche Betriebe nicht mehr wirtschaftlich positiv zu führen“, sagt Vybiral. Spitzenreiter bei den Schließungen sind die Bundesländer Wien (11.029 Fälle), Niederösterreich (10.064 Fälle), Steiermark (7.655 Fälle) und Oberösterreich (6.918 Fälle).
Auf Branchen bezogen entfallen die meisten Schließungen auf unternehmensbezogene Dienstleistungen (8.500 Firmen), gefolgt von der Gastronomie (3.750 Firmen) und dem Bereich Verkehr (2.420 Firmen).
Zugleich sind die Firmengründungen um rund 1.200 Fälle auf 66.800 Unternehmen gesunken. „Beim Gastgewerbe haben wir heuer mehr Schließungen als Gründungen, die Gastrobranche schrumpft“, sagt der KSV1870-Chef. Hingegen hat die Corona-Krise die Digitalisierung und somit die IT-Branche positiv befeuert, die Gründungen seien gestiegen.
Personalmangel
Der KSV1870 befragte die Unternehmer auch zu ihrer Geschäftslage. „Diese hat sich verschlechtert, obwohl die Unternehmen volle Auftragsbücher haben“, sagt Vybiral. „Aber 50 Prozent der Unternehmer sagen, dass sie die Investitionen zurückgefahren haben. Bei vielen Unternehmern spielt sich die Krise im Kopf ab, nicht aber in der Realwirtschaft.“ Als größte Herausforderung sehen die Unternehmer den Personalmangel, gefolgt von der aktuellen Kostenentwicklung und fehlenden Kunden.
K. Möchel, D. Schreiber