Wirtschaft

Firmenpleiten sind um 110 Prozent gestiegen

Seit Monaten wird die große Corona-Insolvenzwelle erwartet. Jetzt ist „bloß“ eine deutliche Steigerung der Fälle eingetreten, die aber auch nichts Gutes verheißt. Die Unternehmenspleiten haben sich im ersten Quartal 2022 im Vergleich zum Vorjahresquartal auf 1.011 Fälle mehr als verdoppelt; in Vorarlberg sind die Pleiten um 287 Prozent gestiegen und in Tirol sogar um 320 Prozent.

„Man muss das relativieren. Wenn wir die Zahlen mit 2019 vergleichen, wo wir vor Corona waren, dann sind wir bei der Anzahl der Insolvenzen auf Vor-Krisen-Niveau“, sagt Ricardo-José Vybiral, Chef des Kreditschutzverbands KSV1870. „Das Insolvenz-Wachstum hat mit 1. Oktober 2021 begonnen mit 100 Insolvenzen pro Woche.“ Der prognostizierte Insolvenz-Tsunami ist somit nicht eingetreten. Ein Grund dürfte sein, dass die staatlichen Corona-Hilfen weiterhin dämpfend nachwirken.

Alle Inhalte anzeigen

Was aber die Lage deutlich verschlechtert ist die Tatsache, dass die nicht eröffneten Verfahren um 166 Prozent zugelegt haben. In diesen Fällen ist nicht einmal so viel Geld (2.500 bis 4.000 Euro) vorhanden, um die Eröffnungskosten des Verfahrens abzudecken. Diese Firmen bleiben auf ihrem Schuldenberg sitzen, die Gläubiger sehen keinen Cent.

Auch die Verbindlichkeiten sind im Vergleich zum Vorjahr um 56 Prozent auf 223 Millionen Euro gestiegen. „Im Burgenland haben sich die Passiva von einer Million Euro auf 29 Millionen Euro erhöht, was damit zu tun hat, dass es zuletzt mehrere verhältnismäßig große Insolvenzen gab“, heißt es vom KSV1870 weiter. Der Zuwachs beträgt rekordverdächtige 2.800 Prozent.

Die mit Abstand größte Insolvenz mit fast 70 Millionen Euro Schulden verursachte der Bio-Energie-Anlagenbauer Polytechnik Luft- und Feuerungstechnik GmbH aus Niederösterreich. Der Betrieb beschäftigt 109 Mitarbeiter und wird seit Anfang Februar fortgeführt.

Im Branchenranking verzeichnete der Bereich „Handel und Kraftfahrzeuge“ mit 176 Pleiten die meisten Fälle, gefolgt von der Bauwirtschaft (164 Fälle) und dem Gesundheits- und Sozialwesen (115 Fälle).

In letzterem Bereich ist auffällig, dass anscheinend die Sozialversicherungen versuchen, viele selbstständige Personenbetreuer (aus dem Ausland) wegen offener Beiträge in den Konkurs zu schicken. Indes sind auch die Privatkonkurse im Vergleich zum Vorjahr um 20 Prozent auf 2.135 Fälle gestiegen.

„Insgesamt lässt sich festhalten, dass auch am Ende des zweiten Corona-Jahres die Pandemie kein massiver Treiber von Privatkonkursen ist. Die Menschen sind mehrheitlich krisenresistent“, sagt KSV1870-Experte Karl-Heinz Götze. „Aus heutiger Sicht ist es durchaus realistisch, dass sich die jüngsten Entwicklungen im Bereich des Privatkonkurses in den nächsten Monaten fortsetzen.“