Wirtschaft

Felbermayr: "Die Inflation bleibt hartnäckig hoch"

Die Entwicklung der Preise bleibt ein Dauerbrenner in Österreich. Und die Prognosen der Wirtschaftsforscher verheißen nur bedingt Entwarnung. Aktuell liegt die Inflationsrate in Österreich bei 9 Prozent. „Bis Jahresende könnte sie auf unter 6 Prozent sinken – bei großen Unsicherheiten“, so IHS-Direktor Klaus Neusser bei der Präsentation der Konjunkturprognose gestern, Mittwoch. Nächstes Jahr sollten es dann immerhin nur 4 Prozent sein. Aber: „In Deutschland sollen es nur 2 Prozent sein“, wies Wifo-Chef Gabriel Felbermayr auf den „hohen Abstand“ zum Nachbarland hin. „Das muss uns Sorgen machen. Es gibt Handlungsbedarf. Die Inflation bleibt hartnäckig hoch.“

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Zwar sei bei den Euro-Leitzinsen noch etwas Luft nach oben, „aber wir brauchen auch einen eigenständigen Beitrag“. Dazu zählten etwa ein Einfrieren der Abgaben und Gebühren (das wurde vom Bund bereits angekündigt, nicht jedoch von Ländern und Gemeinden, Anm.). Allein dies könnte ein Prozentpunkt weniger Inflation bringen. Denkbar sei auch eine Mietpreisbremse. Nicht zuletzt könnte das Senken der Energiepreise schneller gehen, zumal die großen Konzerne in öffentlicher Hand seien. Aber, so gab der Wifo-Chef zu bedenken, „für den Herbst ist das Kind in den Brunnen gefallen“. Für den IHS-Direktor wiederum hat die Politik „nicht so viel Einfluss“ auf die Entwicklung, weil der Hauptpreistreiber derzeit Dienstleistungen sind.

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Keine Gierflation

Neben der Regierung nannte Felbermayr auch die späten Zinsanhebungen der Europäischen Zentralbank mit als Grund für die hohe Inflation. Nicht schuld gab Felbermayr zwei Gruppen: Zum einen den Unternehmen. „Der Begriff der Gierflation stimmt einfach nicht.“ Zwar würden die Unternehmen die Preise treiben und jetzt schon vorausschauend kalkulieren, aber das mache ein ordentlicher Kaufmann so. „Die Nachfrage geht jetzt zurück, daher sollten auch die Gewinnmargen zurückgehen“, ergänzte Neusser.

Zum anderen machte Felbermayr den Lohnverhandlern auf der Arbeitnehmerseite die Mauer: „ Hohe Lohnsteigerungen sind jetzt wichtig, auch um den Konsum nicht zu bremsen.“ Und weiter: „Wir haben keine Lohn-Preis-Spirale, solange die Löhne indexiert sind wie in der Vergangenheit.“ Aber auch Minister Brunner liege richtig, da natürlich höhere Löhne auch die Preise antrieben würden. Eine Überarbeitung der jahrzehntealten Berechnungsgrundlagen (als Grundlage dient die Inflation der vergangenen 12 Monate, Anm.) sei möglicherweise notwendig.

Nach einer negativen Reallohn- und -Gehaltsentwicklung (netto) pro Kopf 2021 und 2022 erwartet Felbermayr für heuer ein Plus (von 1,7 Prozent) und nächstes Jahr von 3,2 Prozent. Hohe nominelle Lohnsteigerungen seien notwendig, um Reallohnverluste auszugleichen.

Die „Kehrseite der hohen Lohnsteigerungen“ besteht laut Felbermayr „in einer spürbaren Verminderung“ der internationalen Wettbewerbsfähigkeit. Die Lohnstückkosten seien so stark gestiegen wie seit mindestens 20 Jahren nicht mehr.

Die Gewerkschaften hätten jedenfalls gute Karten, da das Arbeitskräfteangebot knapp sei und bleibe. Das zeigen auch die Prognosen. Die Arbeitslosenrate wird demnach nächstes Jahr wieder rückläufig sein. Positiv sei auch, so Neusser, dass die heimische Wirtschaft – im Gegensatz zu jener Deutschlands – nicht in eine Rezession rutsche. Dass dies nicht passiert sei, liege an den Dienstleistungen, während die Industrieleistung „deutlich geschrumpft sei.