Wirtschaft

EuGH stärkt Rechte von Pauschalreisenden

Ein Österreicher, der im März 2020 eine Sprachreise nach Gran Canaria buchte, sie aber wegen einer Reisewarnung des Außenministeriums aufgrund der COVID-Pandemie nicht antreten konnte, musste um sein Geld zittern, weil der Reiseveranstalter kurz darauf in die Insolvenz schlitterte. 

Zwar sind Reisende im Fall einer Pleite des Veranstalters abgesichert. Der Versicherer HDI verweigerte die Rückzahlung aber mit dem Argument, dass die Absage nicht infolge der Pleite, sondern bereits davor erfolgte. Jetzt wird der Kunde nach einer Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) aber sein Geld wohl im vollen Umfang zurückbekommen. 

Der Fall war bis vor EuGH gegangen, der am Montag eine Entscheidung fällte. Es gebe keinen Grund, Reisende, deren Urlaub abgesagt wird, weil der Veranstalter pleite ist, anders zu behandeln als Reisende, die wegen "unvermeidbarer und außergewöhnlicher Umstände" von ihrer Reise zurückgetreten seien, heißt es in einer Aussendung des Gerichts. 

"Richtungsweisende und sehr wichtige Entscheidung"

Julia Pasquali-Grass, Konsumentenschützerin bei der Arbeiterkammer (AK), die in dem Fall als klagende Partei auftrat, spricht von einer "richtungsweisenden und sehr wichtigen Entscheidung" im Verbraucherrecht. 

Umfasst seien durch das Urteil nicht nur Reiserücktritte aufgrund der Pandemie sondern auch aufgrund anderer außergewöhnlicher Umstände, etwa Waldbrände oder Naturkatastrophen, sagt Pasquali-Grass. 

Der EuGH habe klargestellt, dass Ansprüche auf Entschädigungen bei einem Rücktritt von der Reise auch bei einer nachfolgenden Insolvenz des Veranstalters nicht ins Leere laufen. Die Zeichen stünden gut, dass der Rückzahlungsanspruch auch in der Novelle zur Pauschalreiserichtlinie verabschiedet werde: "Auch Gutscheine könnten künftig vor Insolvenzen geschützt sein.“

Geklagt hatte auch ein ähnlich gelagerter Fall in Belgien. In beiden Fällen müssen nationale Gerichte noch ein Urteil sprechen, die Entscheidung des Gerichtshof der Europäischen Union muss dabei berücksichtigt werden. 

Weiteres EuGH-Urteil zu Gerichtszuständigkeit

Der EuGH urteilte am Montag auch zur Gerichtszuständigkeit bei Reiseklagen. Laut dem Spruch des Europäischen Gerichtshofes können Verbraucher bei einer Auslandsreise den Reiseveranstalter beim Gericht des eigenen Wohnorts verklagen. Damit solle sichergestellt werden, dass die schwächere Partei die stärkere vor einem für sie leicht erreichbaren Gericht verklagen kann, hieß es. 

Auch für betroffene Kunden der Pleite des deutschen Reiseveranstalters FTI und seines Österreich-Ablegers gibt es gute Nachrichten. Der Deutsche Reiseversicherungsfonds (DRSF), der auch österreichische Kunden entschädigt, kündigte vor vor kurzem an, bald mit dem Erstattungsprozess starten zu wollen. Ein genauer Termin war nicht zu erfahren. Bis zum Herbst soll laut früheren Angaben des DRSF aber die Merhzahl der Erstattungen geleistet sein. 

Der nach TUI und DER Touristik drittgrößte deutsche Reiseveranstalter hatte Anfang Juni Insolvenz angemeldet und kurz darauf alle gebuchten Reisen storniert. Insgesamt sind mehr 250.000 Kundinnen und Kunden, Tausende davon auch aus Österreich, betroffen.