Wirtschaft

EU: Streit um steuerfreien Schnaps

Die Birnen und Zwetschgen von den Obstbäumen zu Schnaps für den Eigenbedarf brennen – das geht nicht nur den Gartenbesitzer, sondern auch Europas Finanzminister etwas an. Seit Monaten versuchen sie vergeblich auf einen grünen Zweig zu kommen. Doch auch bei ihrem jüngsten Treffen am Freitag in Brüssel zeichnete sich keine einheitliche Linie ab.

Dabei müssen die 28 EU-Minister geschlossen handeln, geht es doch um Steuern. Genauer gesagt um eine geplante Mehrwertsteuerbefreiung für Hunderttausende Schnapsbrenner in Europa, die ihre Obstler, Palinkas und Rakijas für den Eigenbedarf produzieren.

Ginge es nach Österreichs Wünschen, könnte künftig jeder Hausbrenner jährlich bis zu 70 Liter steuerfrei Schnaps herstellen.

Rumänien und Bulgarien pochen auf eine noch höhere Menge, während Tschechien sich kategorisch gegen eine Steuerbefreiung für die kleinen Schnapsbrenner querlegt. Zu frisch sind in Tschechien noch die Erinnerungen an den Pansch-Skandal von vor sieben Jahren: 23 Menschen starben damals, nachdem sie mit Methanol gepanschten Alkohol getrunken hatten.

50-Liter-Kompromiss

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Auch wenn sich am Freitag keine Lösung fand, zeichnet sich doch allmählich eine europäische Kompromisslinie ab: Bis zu 50 Liter an Hochprozentigem könnten Bauern, Privatpersonen oder Kleinbetriebe künftig steuerfrei brennen, sollten sich die EU-Finanzminister doch noch eines Tages einigen.

In Österreich verarbeiten an die 50.000 landwirtschaftlichen Betriebe und Privatpersonen als so genannte „Abfindungsbrenner“ (d. h. nach steuerlichem Pauschalabsatz) eigenes Obst zu Schnäpsen. Und obwohl Österreich vor knapp 25 Jahren der EU beigetreten ist, gilt für sie weiter eine bereits seit 1835 bestehende, traditionelle Regelung:

Der Schnaps für die Kühe

Demnach dürfen in Tirol und Vorarlberg „Hausbrenner“ bis zu 51 Liter 100-prozentigen Alkohol pro Jahr steuerfrei herstellen. Im Rest Österreichs sind es hingegen nur 27 Liter. Diese spirituose Zweiteilung hat kuriose Gründe: Im Westen Österreichs wurde Schnaps als Medizin für die Kühe eingesetzt, zum Einreiben und Desinfizieren nach dem Kalben.

Diese österreichische Sonderregelung hat sich die Regierung in Wien noch vor dem EU-Beitritt ausbedungen. Nun aber sollen im Zuge einer Revision der (aus dem Jahr 1992 stammenden) EU-Richtlinie zu Verbrauchssteuern europaweit einheitliche Schwellenwerte geschaffen werden. Geht die Kompromisslösung durch, hätten die kleinen Schnapsbrenner im Osten Österreichs jedenfalls fast doppelt so viele Freiheiten wie bisher, steuerfrei ihren Hausbrand zu brennen.

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3,1 Liter in Österreich

Ob deshalb der Obstler-Konsum steigen wird, bleibt abzuwarten. 2017 trank jeder Österreicher im Durchschnitt 3,1 Liter Spirituosen.

In den drei baltischen Staaten lag der Pro-Kopf-Verbrauch mehr als drei Mal so hoch – Europas Spitzenwert lässt sich in Lettland ermitteln. Dort werden pro Jahr und Kopf 11,2 Liter Hochprozentiges (in Fertigware) getrunken. In Bulgarien werden im Schnitt 11 Liter getrunken, in der Slowakei 8,4 Liter.