Neue EU-Vorgaben für Apple, WhatsApp & Co. haben noch viele Lücken
Von Patrick Dax
Ab heute, Donnerstag, müssen sich große Technologiefirmen in der EU an strengere Regeln halten. Dafür sorgt das Gesetz über digitale Märkte (DMA), mit dem die EU-Kommission die Marktmacht von Alphabet, Amazon, Apple, Bytedance, Meta und Microsoft einschränken will.
Die 6 Konzerne wurden als sogenannte Gatekeeper („Türsteher“) ausgewählt. Für 22 ihrer Dienste, darunter den Apple App Store, WhatsApp, die Google-Suche, Facebook, Instagram und TikTok müssen sie die neuen Vorgaben der EU erfüllen.
Die Regelungen helfen dabei, dass es mehr Wettbewerb gebe und schaffen Chancengleichheit zwischen großen Unternehmen und anderen Betreibern, sagt der Rechtswissenschafter Matthias C. Kettemann von der Universität Innsbruck. Gemeinsam mit dem Gesetz über digitale Dienste (DSA) solle damit eine faire Online-Ordnung durchgesetzt werden.
Was ändert sich für Nutzer konkret?
Vor allem zwei Vorgaben sorgten für hohe Erwartungen. Zum einen sollen iPhone-Nutzer künftig Apps auch aus anderen App Stores als jenem von Apple herunterladen können. Android-Nutzer können das bereits seit Längerem. Zum anderen müssen sich WhatsApp und der Facebook Messenger für andere Dienste öffnen. Das heißt, Nachrichten sollen auch von Signal oder Threema an die Apps geschickt werden können. In beiden Fällen lässt die Umsetzung aber noch zu wünschen übrig.
Wer darf App Stores für das iPhone anbieten?
Apple hat im Vorfeld Bedingungen formuliert, die es Entwicklern erlauben, ihre Apps auch in anderen App Stores anzubieten. Allerdings sind sie wenig attraktiv. So wird etwa eine „Kerntechnologie-Abgabe“ von 50 Cent für Apps mit über einer Million Downloads verlangt. Kritiker sprechen von einer „Verhöhnung“ der EU-Vorgaben.
Welche alternativen App Stores wird es geben?
Bisher ist nur ein Angebot bekannt, das bereits am Donnerstag startet: Ein iPhone-App-Store für Unternehmenskunden der deutschen Firma mobivention. Auch die Software-Firma MacPaw hat einen App Store für iOS-Apps angekündigt. Er soll im April starten. Der Spieleentwickler Epic Games will sein Spiel Fortnite, das aus dem Apple App Store verbannt wurde, ebenfalls über einen alternativen App Store wieder auf das iPhone bringen.
Mit den Gesetzen über digitale Dienste und digitale Märkte will die EU einen fairen und sicheren digitalen Raum schaffen.
Digitale Märkte (DMA)
Der Digital Markets Act soll für mehr Wettbewerb sorgen und sieht u. a. die Interoperabilität zwischen Diensten und bessere Möglichkeiten für Verbraucher vor, die Plattform zu wechseln
Digitale Dienste (DSA)
Das Gesetz, das Mitte Februar auch für kleine Unternehmen schlagend wurde, erlegt Diensten Verpflichtungen auf, die Nutzerrechte stärken sollen, etwa Maßnahmen gegen Hass im Netz und Regeln für mehr Transparenz im Online-Handel
Wird WhatsApp mit anderen Chat-Apps kompatibel?
WhatsApp arbeitet an der Umsetzung. Geplant ist, dass Nachrichten von anderen Diensten in einem separaten Bereich der App landen. Allerdings befürchten die kleineren Rivalen Signal und Threema, dass durch die Interoperabilität ihre Datenschutzstandards unterlaufen werden. Beide wollen vorerst keinen Gebrauch davon machen. Die Regelung eröffne kleineren Diensten dennoch bessere Chancen, meint Kettemann: „Die Großen müssen sich öffnen.“
Welche Änderungen bringen die Regeln noch?
Den Großen ist es untersagt, eigene Dienste gegenüber Konkurrenzangeboten zu bevorzugen. Google hat deshalb seine Suche überarbeitet und will rivalisierende Preisvergleichs- und Shopping-Seiten in den Sucherergebnissen prominenter platzieren. Auch standardmäßig eingestellte Browser oder Suchmaschinen sollen sich leichter austauschen lassen. Tiktok will es einfacher machen, Daten herunterzuladen und zu anderen Diensten zu transferieren.
Welche Strafen drohen bei Nichteinhaltung?
Bei Nichteinhaltung der Vorgaben drohen den Konzernen Strafen von bis zu 10 Prozent ihres Jahresumsatzes. Die EU-Kommission hat bereits signalisiert, dass es ihr damit ernst ist. Anfang der Woche wurde Apple zu einer Kartell-Strafe von 1,8 Mrd. Euro verdonnert. Das sei auch ein „Warnschuss“ gewesen, sagt EU-Rechtsexperte Kettemann.
Nur weil es in der Praxis nicht sofort Veränderungen gebe, bedeute das nicht, dass die Regeln nicht sinnvoll seien, meint Kettemann. Denn bis jetzt hätten die großen Plattformen tun und lassen können, was sie wollen. Bis sich die neuen Regeln eingespielt haben, werde es noch dauern: „Das geht nicht von heute auf morgen.“