Deutschland könnte wegen Bauholzmangels mehr Fichten fällen
Der deutsche Wirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) will dem drastischen Preisanstieg und Lieferengpässen beim Bauholz entgegenwirken. Dazu schlägt er vor, wieder mehr gesunde Fichten in Deutschland zu fällen. Die derzeit geltende Beschränkung für den Einschlag von Fichtenholz solle "schnellstmöglich" rückgängig gemacht machen, heißt es in einem entsprechenden Papier.
Altmaier soll auf eine Einigung mit den zuständigen Ressorts noch in dieser Legislaturperiode drängen. Der Naturschutzbund Deutschland (Nabu) warnte davor, zu viel gesunden Wald abzuholzen.
Hintergrund ist eine Regelung, die erst im April in Kraft trat und damals den Preisverfall bei Fichtenholz stoppen sollte. Nach einer Verordnung des Bundeslandwirtschaftsministeriums dürfen Waldbesitzer und Forstbetriebe im laufenden Wirtschaftsjahr bis Ende September nicht mehr so viel Fichtenholz wie zuvor einschlagen. Erlaubt sind maximal 85 Prozent der durchschnittlichen Erntemenge der Jahre 2013 bis 2017.
Holzmangel
Wegen Trockenheit, einer Borkenkäferplage und Stürmen mussten in den vergangenen Jahren sehr viele Fichten geschlagen werden. Die Folge waren übervolle Holzlager und sinkende Preise. Inzwischen hat sich die Lage jedoch umgekehrt, die Baubranche klagt nun über Holzmangel.
Der bayerische Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger (Freie Wähler) unterstützte den Vorstoß Altmaiers. Dieser folge damit einer Bitte aller Landeswirtschaftsminister. "Bisher war noch genügend Käferholz vorhanden, um die Sägewerke auf Volllast arbeiten zu lassen. Mittlerweile reduzieren die ersten Sägewerke wegen Holzmangels schon ihre Kapazitäten, obwohl die Zimmereibetriebe dringend Schnittholz benötigen würden", berichtete Aiwanger am Donnerstag. "Die Waldbauern würden das Holz gerne liefern, dürfen es aber wegen der Bundesvorgabe nicht. Diese politisch verursachte Materialverknappung muss schnellstmöglich gekippt werden."
Überlegtes Vorgehen
Der Nabu empfahl ein überlegtes Vorgehen. "So darf der Wald nicht zugunsten der Holzwirtschaft übernutzt werden oder neuer Kahlschlag in gesunden Waldgebieten entstehen", mahnte die Organisation. "Motivator einer solchen Maßnahme sollte vor allem der Waldumbau und nicht nur der Holzmarkt sein."
In dem Vorschlagspapier Altmaiers vom 21. Juni heißt es: "Wir haben es bei Nadelschnittholzprodukten mit Preissteigerungen von durchschnittlich rund hundert Prozent innerhalb der Jahresfrist zu tun." Bauunternehmen, die bisher Holz just in time für konkrete Aufträge eingekauft hätten, könnten trotz guter Konjunktur keine neuen Aufträge mehr annehmen. Lieferengpässe sowie Preisanstiege seien auch für andere Baustoffe zu verzeichnen.
Vielschichtige Ursachen
Die Ursachen für diese Entwicklung seien vielschichtig, stellte Altmaier in dem Papier fest. "Waldschäden und Borkenkäferbefall reduzieren die Frischholz- und erhöhen die Schadholzmengen drastisch." Hinzu kämen politische Faktoren, die den internationalen Handel mit Holz als Rohstoff bremsten, sowie coronabedingte Reduzierungen der Produktion und Störungen in den Lieferketten.
Der nordrhein-westfälische Wirtschaftsminister Andreas Pinkwart (FDP) sprach sich dafür aus, Firmen angesichts steigender Holzpreise vor ungeplanten Kostenrisiken zu schützen. Bei neuen Vergabeverfahren sollten "Preisgleitklauseln zugelassen werden, wo immer und soweit das rechtlich zulässig ist", sagte er dem "Handelsblatt". Bei Preisgleitklauseln können sich Handwerksbetriebe das Recht einräumen, bei einer Erhöhung der Kosten den Preis anzupassen. Damit können Rohstoffkosten variabel an Kunden weitergegeben werden.