Brasilien: Schlimmste Krise seit 25 Jahren
Es ist noch gar nicht so lange her, dass Brasilien sich zur Liga der soliden Staatspapiere zählen darf. Erst 2008 wurde die größte lateinamerikanische Volkswirtschaft als vertrauenswürdig genug für ein solides Rating (Investmentgrade) gesehen. „Brasilien ist ein seriöses Land, mit ernsthafter Politik, das auf seine Finanzen achtet“, brüstete sich der damalige Präsident Lula da Silva: „Deshalb genießen wir jetzt das internationale Ansehen, das Brasilien lange angestrebt hat.“
Schlimme Rezession
Und das in einer Phase, wo Rousseff Stärke zeigen müsste, um die Zügel herumzureißen. Brasiliens Wirtschaftsleistung wird nämlich heuer um 1,5 bis 2 Prozent schrumpfen – eine Katastrophe in einem Schwellenland, das großen Aufholbedarf hat. Im Kampf gegen die hohe Inflation hat die Notenbank den Leitzins soeben auf 14,25 Prozent angehoben – das würgt die Konjunktur noch zusätzlich ab.
Die Ratingagentur Standard&Poor’s zweifelt mittlerweile daran, dass die Regierungskoalition noch genug Zusammenhalt hat, um die anstehenden Reformen umzusetzen. Deshalb hat sie das Rating Brasiliens auf negativen Ausblick gestellt – eine Abstufung innerhalb der nächsten Monate droht.
Sparkurs erforderlich
Dabei musste die Regierung ihre Sparziele für dieses und das kommende Jahr ohnehin schon revidieren – die Steuereinnahmen liegen weit unter den Erwartungen. Wie soll die zerstrittene Regierung es da schaffen, das Budget zu sanieren und verzerrende Preisstützungen abzuschaffen?
Ab August soll im Kongress und Senat über ein Maßnahmenpaket beraten werden - bei einer Blockade würde eine Verschärfung der Krise drohen. Rousseff stemmt sich gegen Lohnerhöhungen im öffentlichen Dienst, Schwarzgeld im Ausland soll verstärkt nach Brasilien zurückgeholt werden, um die Finanzlage zu verbessern.
Olympia-Jahr 2016
Sportliche Großereignisse bringen den Brasilianern offenbar auch kein Glück: Nicht nur sportlich, sondern auch wirtschaftlich und politisch – statt des erhofften Popularitätsschubes erntete Rousseff bei der Fußball-WM 2014 herbe Kritik.
Nun steht das nächste Großevent vor der Tür: Die Olympischen Spiele in Rio de Janeiro 2016. Der Ausblick bleibt schwach, S&P erwartet dadurch keinen Schub, sondern prognostiziert ein Jahr mit wirtschaftlicher Stagnation.