Börsencrash: „Diese Krise geht so schnell nicht weg“
Was für ein Tag an den Finanzmärkten! Russland sorgte am Donnerstag für den größten Börsencrash weltweit seit dem Ausbruch der Pandemie im März 2020. Die Indizes rasselten stark nach unten, am deutlichsten in Russland selbst. Der RTS-Index stürzte um bis zu rund 50 Prozent ab, am Ende des Tages waren es noch immer minus 38 Prozent. Der Rubel setzte ebenfalls seine Talfahrt der vergangenen Tage fort.
Währens sich in den USA die Verluste in Grenzen hielten, sackten die Indizes in Westeuropa rund 4 Prozent ab. Deutlich darüber lag erneut der Wiener Leitindex ATX mit minus 7,7 Prozent. Seine Ostlastigkeit und die Gewichtung sorgten erneut für einen starken Ausschlag nach unten. Wie überall wurden auch hier die Bankenwerte am heftigsten gebeutelt (siehe Grafik). Im Plus war nur der Verbund – und das gleich mit 4,4 Prozent.
Bitcoin hielt sich relativ stabil, gefragt, wenn auch nicht so deutlich wie in Kriegszeiten üblich, waren Staatsanleihen bester Bonität sowie Metalle (siehe auch Bericht zu Gold links unten). Aluminium stieg auf ein Rekordhoch, Nickel auf den höchsten Stand seit 10 1/2 Jahren. Ein gefragter Sektor waren Erneuerbare Energien, wo einzelne Werte um zehn bis 15 Prozent zulegten, sowie ausgewählte Ölwerte und Ölfeldausrüster.
Erneuerbare Energien könnten sich nun zur Alternative zu Öl und Gas entwickeln. "Die aktuelle Entwicklung wird den Ausstieg aus Öl und Gas beschleunigen, um sich längerfristig aus der russischen Abhängigkeit zu befreien", sagt RBI-Chefanalyst Peter Brezinschek im Rahmen eines Talks von "Der Börsianer".
Ölwerte wiederum profitieren vom stark steigenden Ölpreis - nicht jedoch die OMV, die unter dem nun wohl endgültigen Aus der North Stream 2-Pipeline leidet.
Wie geht es weiter?
„Diese Krise geht so schnell nicht weg, es ist keine günstige Kaufgelegenheit entstanden“, sagt Gerhard Winzer, Chefökonom Erste Asset Management. „Solange man von keiner Rezession ausgeht, bleiben Aktien aber grundsätzlich positiv.“ Die Volatilität werde steigen. „Jetzt alles zu verkaufen, wäre eine Überreaktion.“ Breit zu streuen, auch in zinslose Staatsanleihen und Gold, wäre jetzt sinnvoll.
„Jede Krise geht vorbei, man muss Geduld haben“, sagt RBI-Chefanalyst Peter Brezinschek. Einmalinvestments seien jetzt der falsche Zeitpunkt. Die Börseweisheit, politische Börsen haben kurze Beine, werde dieses Mal nicht zutreffen. Die Entwicklung in der Ukraine werde nicht von heute auf morgen abgeschlossen sein. "Die Auswirkungen werden die nächsten Monate spürbar sein."
Für Wolfgang Matejka, Geschäftsführer Matejka & Partner Asset Management, ist der "eomitionale Schlag" an den Finanzmärkten gewaltig. "Das ist nicht zu unterschätzen." Dennoch sei es zu Übertriebungen gekommen, auch in Wien seien die Reaktionen übertrieben gewesen.
Mehr zur Lage an den Börsen hören Sie im aktuellen Podcast „Ziemlich gut veranlagt“ unter kurier.at/podcasts