Bei Mietwohnungen fehlt die soziale Treffsicherheit
Ob die soeben im Nationalrat beschlossene Leerstandsabgabe, der seit heuer geltende Preisdeckel für Richtwert- und Kategoriemieten oder der 2022 eingeführte „Wohnschirm“ für jene Menschen, die Mietrückstände haben: Im Kampf gegen die starke Teuerung wurden einige Maßnahmen gesetzt, um Menschen bezüglich Wohnen finanziell zu entlasten.
Hinzu kommt, dass österreichweit mehr als 80 Prozent der Mieter in Wohnungen leben, deren Preise entweder gedeckelt oder gefördert sind (siehe Grafik). In Wien sind es sogar 90 Prozent.
„Die Abschläge liegen bei Gemeindewohnungen und in den Genossenschaften bei rund 30 Prozent. Bei den regulierten Mieten sind sie – nicht zuletzt aufgrund von Lagezuschlägen – niedriger; dort zahlt man um rund 13 Prozent weniger“, sagt Ökonom Jan Kluge vom wirtschaftsliberalen Thinktank Agenda Austria. Er hat analysiert, wie sozial treffsicher reguliertes bzw. gefördertes Mieten in Österreich ist.
Seine Erkenntnis: „Die Menschen, die dort wohnen, sind nicht zwingend die, die dort leben sollten.“ Die Situation gleiche eher einer Lotterie. „Die Einkommensgrenzen beim geförderten Wohnbau sind nicht nur sehr hoch, sondern werden nur nach dem Einzug geprüft und dann nie wieder.“ Bei privaten Vermietern im regulierten Bereich gebe es gar keine sozialen Kriterien bei der Vergabe.
Verlierer freier Markt
Das alles führt laut Analyse dazu, dass bei Genossenschaftswohnungen und bei regulierten Wohnungen zum Teil reichere Menschen leben würden als am freien Markt. Auf diesem sei eine gleiche Verteilung der Wohnungen über alle Einkommensgruppen feststellbar. Das könne zum Beispiel an Zugereisten liegen, die noch auf der Warteliste für eine geförderte Wohnung stehen oder noch nicht lange genug in einer Gemeinde wohnen, um einen Antrag stellen zu dürfen. Und diese seien die Leidtragenden der aktuell hohen Nachfrage nach Wohnraum. Diese würde sich preislich nur am freien Markt widerspiegeln. Im Durchschnitt würden Mieter in Gemeinde- und Genossenschaftswohnungen pro Monat rund 180 Euro weniger zahlen, als sie für dieselbe Wohnung am freien Markt hinblättern müssten, rechnet Kluge vor.
Nur bei Gemeindebauten gebe es eine gewisse soziale Treffsicherheit. Dass in Genossenschaftshäusern oft Bessergestellte leben würden, liege auch am Finanzierungsbeitrag, „der Haushalte ohne das entsprechende Kleingeld von vornherein ausschließt“, so Kluge.
Um die soziale Ungleichbehandlung zu korrigieren, schlägt Kluge u. a. ein modernes Mietrecht und mehr Neubauten vor. Vor allem aber müsste die Objektförderung von Mietwohnungen in eine Subjektförderung, also die Unterstützung von Mietern und nicht von Wohnungen, übergehen. „Dies wäre deutlich treffsicherer und damit auch effizienter“, sagt Kluge.