Werbemillionen lassen den Ball rollen
Von Christoph Silber
Die große Fußball-Show namens Weltmeisterschaft hat gleich zu Beginn die Massen vor die TV-Schirme gelockt (siehe rechte Seite). Stets begleitet von Werbung, interessiert dieses Fernseh-Event längst Männer und Frauen fast gleich, erzählt ORF-Enterprise-Chef Oliver Böhm.
KURIER: Die Fußball-Weltmeisterschaft ist gestartet – ist sie nur ein Werbefest für die FIFA oder auch für den ORF, der viel Geld dafür bezahlt hat?
Oliver Böhm: Die Vermarktung der diesjährigen Fußball-WM läuft sehr erfolgreich. Im Vergleich zur Weltmeisterschaft vor vier Jahren wurden die Buchungen klassischer Werbung im ORF-Fernsehen um 20 Prozent gesteigert. Finale und Semifinali sind nahezu ausverkauft. Der Bereich der Sonderwerbeformen – zum Beispiel Presentings – läuft sehr gut. Aus Sicht eines ORF-Vermarkters ist das eine sehr erfreuliche Entwicklung.
Bei Großereignissen machen Rechte-Inhaber stets sehr strenge Vorgaben an die Käufer. Welche Gestaltungsmöglichkeiten hat der ORF, was die gesendete Werbung betrifft?
Bei einem Sport-Großereignis wie der Fußball-WM in Brasilien gibt es strenge Reglements seitens der FIFA, die vom jeweiligen Broadcaster, in diesem Fall der ORF, einzuhalten sind. Bevor die Verkaufsmaschinerie zu laufen beginnt, müssen alle Möglichkeiten, die die Vermarktung betreffen, mit dem Lizenzgeber abgestimmt werden. So müssen zum Beispiel die offiziellen Sponsoren alle Kooperationsangebote im Vorfeld erhalten. Erst nach Ablauf einer vorgegebenen Frist haben jene, die nicht offizielle WM-Sponsoren sind, die Möglichkeit, Kooperationen mit dem ORF abzuschließen. Vor allem Sponsoring darf erst nach einer Freigabe der FIFA gesendet gehen.
Welche Neuerungen bei der Werbung gibt es, die Zuseher bisher nicht kannten?
Neu sind die sogenannten "Cooling Breaks". In Brasilien kann es aufgrund der zu erwartenden Hitze während der Spielübertragung zu "Cooling Breaks" kommen. In diesen dürfen Spieler zwar nicht das Stadion verlassen, aber die Zeit nützen, um sich zu erholen. Hier ist es zulässig, einen Werbebreak von etwa drei Minuten zu schalten.
Was kostet im ORF die Werbung beim Finale? Die Rede ist von 1000 Euro pro Sekunde.Die Frage ist, was bringt die Werbung im ORF? Sie erreichen mit Ihrer Werbung bis zu zwei Millionen Seher und Seherinnen, die hochemotional und aufmerksam sind. Das ist ein bestens eingesetztes Investment.
Fußball galt immer als alt, männlich und damit unattraktiv für die Werbung.
Heutzutage ist das Gegenteil der Fall. Knapp 55 Prozent der Seher und Seherinnen sind unter 50 Jahre alt. 45 Prozent sind weiblich. Fußball im ORF ist spannend, sportlich und stylisch zu gleich. Fußballspieler – vor allem bei der WM – sind oft sportliches Vorbild, Trendsetter und Jugendidol in einem.
Die Eröffnung der Fußball-WM geriet zu einem mittleren Debakel: Zwar waren die Stars Jennifer Lopez, Rapper Pitbull und die brasilianische Sängerin Claudia Leitte zu sehen, der offizielle WM-Song "We Are One (Ole ola)" war aber nur schlecht zu hören. Grund waren Probleme mit dem internationalen Signal, an dem alle übertragenden Sender hängen.
Die Zuseher blieben aber dran und bescherten dem ORF gleich am ersten Tag eine Rekord-Reichweite: Im Schnitt sahen die erste Hälfte 1,085 Millionen Zuschauer. Das entspricht einem Marktanteil von 44 Prozent.
Noch besser lag der ORF bei den Jüngeren: Bei den 12- bis 49-Jährigen lag der Marktanteil bei 49, bei den 12- bis 29-Jährigen sogar bei 56 Prozent. In der Spitze folgten 1,146 Millionen Fußballfans dem Match. So viele Zuseher hatte noch nie ein WM-Eröffnungsspiel im ORF.
Im ZDF in Österreich verfolgten nur 166.000 Zuseher das Match, in Deutschland aber waren fast 16 Millionen Zuschauer beim Brasilien-Sieg dabei. Der Marktanteil lag bei knapp 63 Prozent.