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Monika Lindner und der ORF: Die Ex-Chefin wird weiter durchleuchtet

Die Untersuchungen des ORF zu seiner vormaligen Chefin werden ausgeweitet. Wie ihr Nachfolger als Generaldirektor des Unternehmens Alexander Wrabetz am Donnerstag dem Aufsichtsgremium Stiftungsrat erklärte, wird sich die interne Revision nun auch mit Rechnungen aus Lindners Zeit als Chefin des Nachmittagsformats „Willkommen Österreich“ (nicht zu verwechseln mit der heutigen Show mit Stermann und Grissemann) beschäftigten.

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Lindner leitete dieses Format von 1995 bis 1998. Mit dem Zeitraum danach bis zu ihrem Ausscheiden alsORF-Generaldirektorin sind bereits Prüfungen im Laufen. Der Grund sind die unter Alleinverantwortung Lindners vergebenen Aufträge an den Werber Günter Lebisch, der mittlerweile ihr Lebensgefährte ist und mit dem sie eine Villa am Stadtrand baut.

Wrabetz erklärte die Ausweitung so: „Es ist sinnvoll, diesen Zeitraum mitzubetrachten, um ein Gesamtbild zu erhalten.“ Etliche Projekte seien ohnehin allgemein bekannt und damals auch Diskussionsgegenstand in den Gremien gewesen. „Es ist jetzt angemessen, sich das anzuschauen, nachdem eine öffentliche Diskussion entstanden ist.“

Gegenleistungen?

Es sei nun wichtig zu klären, ob es Leistungen gegeben habe, denen keine Gegenleistungen gegenüberstanden. „Aus derzeitiger Sicht“ gebe es dafür aber keine Anhaltspunkte. Auch über das mögliche Auftragsvolumen hüllte sich der ORF-Chef in Schweigen. Dass Lindner die Arbeit von Lebisch schätzte, sei kein Geheimnis gewesen, betonte Wrabetz. „Dass er ein ausgewiesener Werbeprofi war, ist unbestritten.“ Auch führte der ORF-General ins Treffen, der öffentlich-rechtliche Sender unterliege „nicht dem Vergaberecht“ – wiewohl man gerade in jüngeren Jahren in vielen Fällen Aufträge ausgeschrieben habe. Ende Oktober war die interne Revision mit der Rechnungsprüfung beauftragt worden. Über den Gesamtumfang werde man das obersten ORF-Gremium im Dezember informieren können, kündigte Wrabetz an.

Bereits geklärt ist ein Fall von Unregelmäßigkeiten bei der Vermarktung von Werbespots aus jüngerer Vergangenheit. Nachdem Mitte September die ORF-Revision mit der Überprüfung von möglichen Unregelmäßigkeiten beauftragt wurde, wurden dem ORF-Stiftungsrat am Donnerstag die Ergebnisse präsentiert. Einigen gesendete Spots zwischen 2012 bis Mitte 2013 sei „keine geldwerte Gegenleistung“ gegenübergestanden, wie es aus dem ORF heißt. Der Vermarktungsvertrag mit der betreffenden Agentur sei „mit sofortiger Wirkung“ beendet worden, allfällige Schadenersatzforderungen behält sich der öffentlich-rechtliche Sender vor.

Konkret ging es dabei um Werbebuchungen des Unternehmens „Europäische Kinderhotels“, auf deren Unregelmäßigkeiten der Kärntner Stiftungsrat Siggi Neuschitzer hingewiesen habe. Die Untersuchung zeige, dass in diesem Fall eine „historisch gewachsene und prinzipiell erfolgreiche Vermarktungsstruktur“ vorlag, die eine Ausnahme zum üblichen Vermarktungsprozess bilde. Deshalb kamen hier auch nicht die „sonst üblichen Prozesse“ zum Tragen.

Mittlerweile Rechnung gestellt

Der zwischengeschalteten Agentur hat der ORF mittlerweile die Gegenleistungen in Rechnung gestellt, diese werde man „nötigenfalls über den Klagsweg“ betreiben. Hinweise auf strafrechtlich relevante Tatbestände konnten indes nicht festgestellt werden. „Ob es zu einem weiteren Vorgehen des ORF gegenüber den Verantwortlichen kommen wird, werden weitere Beratungen mit den juristischen Vertretern des ORF ergeben.“

Zur Schadenssumme selbst gibt es derzeit keine Auskunft, auch weil die Forderungen an die betreffende Agentur noch offen sind. Allfällige Lücken der Werbe- und Sonderwerbevermarktung „wurden bereits und werden demnächst geschlossen werden“, heißt es weiters. Der ORF bedankte sich außerdem ausdrücklich bei Neuschitzer für die Hinweise zur Klärung dieser Vorfälle. Dieser zeigte sich zufrieden mit der Art und Weise, „wie der ORF diesen Fall analysiert und die Konsequenzen gezogen hat. Es zeigt sich, dass Stiftungsräte dieses Unternehmens durch ihr Engagement zur professionellen Führung des Unternehmens und zur Kontrolle viel beitragen können.“

Der ORF-Stiftungsrat hat am Donnerstag die Jahressendeschemata 2014 der einzelnen Bereiche des öffentlich-rechtlichen Senders abgesegnet. Ausgenommen wurde dabei nur ORF Sport +. Hier soll es bis zum nächsten Stiftungsrat im Dezember zu einer Optimierung kommen, wie es hieß. Zu einem positiven Beschluss kam man auch bezüglich der nächsten Bauphase der Renovierung des ORF-Zentrums.

Generaldirektor Alexander Wrabetz zeigte sich bezüglich des Sportkanals zuversichtlich, dass man noch zu einer Einigung kommen werde. Gerade im Hinblick auf Sport + bleibe auch die Forderung nach einer Fortsetzung der mit Jahresende auslaufenden Gebührenrefundierung aufrecht. Es würde aber auch ohne gehen, so Wrabetz, könnte man doch „Reservepositionen in Programmansätzen für Sonderprogrammierungen“ verwenden. Auch ein Schemabeschluss nur für das erste Halbjahr 2014 ist dem ORF-Chef zufolge denkbar.

Einen einstimmigen Beschluss bei einer Enthaltung hat der Stiftungsrat auch bezüglich der weiteren Renovierung des ORF-Zentrums getroffen. Für Bau- und Planungsleistungen wurden rund 47 Mio. Euro genehmigt, wobei eine „moderne Büroinfrastruktur“ geschaffen werden soll, wie Wrabetz erläuterte. Dies wolle er auch „zügig“ umsetzen, „wir wollen die Leute nicht zu lange im Container sitzen lassen“, verwies er auf die derzeitigen Ausweichquartiere. Auch der Kostenrahmen für Generalplanerleistungen weiterer Objekte am Küniglberg ist in diesem Budget enthalten.

Kein Bekenntnis zu Standort

Letztlich seien aber auch noch „weitergehende Beschlüsse“ des Stiftungsrates notwendig, als ein Bekenntnis zum endgültigen gemeinsamen Standort wollte Wrabetz das jedenfalls noch nicht verstanden wissen. Keinen Kommentar gab es vom Generaldirektor auch dazu, dass die Option auf das Gelände in Wien St. Marx mit Jahresende ausläuft. Ebenfalls grünes Licht gab es vom Stiftungsrat für die Veräußerungen von weiteren Grundstücken, konkret neben dem Landesstudio in Graz, wofür es laut Finanzdirektor Richard Grasl auch bereits Interessenten gebe.

Dass die Gebührenrefundierung angesichts des Sparbedarfs der Regierung - erst gestern wurde dieser von den Koalitionspartnern mit 18,44 Mrd. Euro bis 2018 beziffert - nicht fortgesetzt wird, ist für Wrabetz indes noch nicht durch. Zwar sehe er die „sehr schwierige Situation für die Regierung“, diese müsse aber auch die Konjunktursituation beachten. Aus seiner Sicht gebe es keine schnellere Möglichkeit, in den Wirtschaftsstandort Österreich zu investieren, als über eine Gebührenrefundierung. Diese werde schließlich vom ORF „eins zu eins in österreichische Wertschöpfung und Standortsicherung“ weitergegeben.