Wirtschaft

Kocher: Testverweigerung "natürlich ein Grund für eine Kündigung"

Bei der Reform des Arbeitslosengeldes brauche es insgesamt ein "großes Paket", da werde "ein bisschen Feenstaub" nicht reichen. Das erklärte heute ÖVP-Arbeitsminister Martin Kocher im Ö1-Mittagsjournal. Man müsse hier über den Zuverdienst ebenso sprechen wie über das Arbeitslosengeld und dessen Höhe. Außerdem hätte man auch selbst Hausaufgaben zu machen, Stichwort Vermittlungsbeschleunigung. Das Ziel sei, mehr und schneller Beschäftigung zu finden und eine bessere Absicherung.

Auf mehrmalige Nachfrage bestätigte Kocher, dass ein degressives Arbeitslosengeld wohl nicht stark unter die 55 Prozent der Nettoersatzrate gehen werde. Dies hatte auch schon Klubobmann August Wöginger erklärt. Eine Zahl zu nennen sei aber generell schwierig, weil es auf das Programm ankomme.

Jeder bekommt ein Angebot

Insbesondere die Langzeitarbeitslosigkeit sei höher als vor der Krise, aber seit dem Höchststand im April 2021 sei sie schon um fast 30.000 Personen gesunken. Man könne jedem und jeder Langzeitarbeitslosen jedenfalls ein Angebot machen, so Kocher - ein Jobangebot, einen Platz im Qualifizierungsprogramm Sprungbrett oder ein Qualifizierungsangebot. 120.000 Langzeitarbeitslose, die bereits länger als ein Jahr beschäftigungslos gemeldet sind, stehen aktuell rund 114.000 offenen Stellen gegenüber.

Angesprochen auf die Kritik an der Aktion Sprungbrett (Betriebe erhalten durchschnittlich 50 Prozent Lohnzuschuss für maximal ein Jahr, wenn sie eine langzeitarbeitslose Person beschäftigen), erklärte Kocher dabei handle es sich um ein Förderprogramm für Arbeitgeber: "Es hat noch nie so aktive Arbeitsmarktpolitik gegeben wie jetzt." Und: Es sei wichtig, jetzt zu investieren, um die Narben, die normalerweise nach einer Krise auftreten, nicht zustande kommen.

Erleichterung bei Saisonniers

Außerdem zeige sich aus der Vergangenheit - die Aktion Sprungbrett ist eine Kombination aus bereits bestehenden Elementen -, dass viele Personen nach Ende der Unterstützung für die Betriebe in ihren Positionen bleiben können oder nachhaltig Beschäftigung haben. Möglichst viel Beschäftigung sei das beste Arbeitsmarktprogramm, so Kocher. Eine erneute Erhöhung der Notstandshilfe auf die Höhe des Arbeitslosengeldes schloss er jedenfalls aus.

Was den Fachkräftemangel insbesondere im Tourismus und in der Gastronomie angeht, erklärte Kocher, man arbeite an einer Erleichterung für Stamm-Saisonniers aus dem Ausland, damit "diese nicht in die Quote fallen und leichter nach Österreich kommen" können. Dies würde insbesondere die Wintersaison erleichtern. Es gelte aber hier, an verschiedenen Stellen anzusetzen: der Vereinbarkeit von Familie und Beruf, der Attraktivierung von Vollzeitarbeit und dass Menschen länger in Beschäftigung bleiben. Die Lage werde jedenfalls für Betriebe, die kurzfristig Personal suchen, "weiter angespannt bleiben", auch aus demografischen Gründen.

3G am Arbeitsplatz

Was eine mögliche flächendeckende 3G-Pflicht am Arbeitsplatz angeht, erklärte Kocher, dass es möglicherweise Stufen brauche oder eine Differenzierung zwischen Bereichen. "Unser Beitrag ist, die arbeitsrechtlichen Konsequenzen aufzuzeigen, darüber wird gerade diskutiert." An und für sich sei das Arbeitsrecht hier aber klar, so Kocher: Wer ohne 3G-Nachweis am Arbeitsplatz erscheint, müsse für den Tag entweder Urlaub nehmen - falls der Arbeitgeber zustimmt - oder es gebe für diesen Tag keinen Entgeltanspruch.

Kocher erinnerte auch daran, dass im Arbeitsrecht eine Kündigung ohnehin ohne Angaben von Gründen - mit einigen Ausnahmen - erfolgen könne. Die Arbeitsrechtsexperten seien sich einig, dass eine dauerhafte Testverweigerung "natürlich ein Grund für eine Kündigung wäre", so Kocher.

Kritik an einer möglichen flächendeckenden 3G-Pflicht am Arbeitsplatz kam von FPÖ-Sozialsprecherin Dagmar Belakowitsch. Das würde den Druck auf ungeimpfte Menschen weiter erhöhen und einen indirekten Impfzwang zusätzlich anfachen.

Keine Details wollte Kocher zum Fortschritt in den Verhandlungen zur ökosozialen Steuerreform nennen. "Wir werden sehen, wie lange es noch dauert."