Arbeitslosigkeit im Gesamtjahr 2022 bei 6,3 Prozent
Der österreichische Arbeitsmarkt hat sich im Vorjahr in Anbetracht der schwierigen Rahmenbedingungen sehr positiv entwickelt: Ende Dezember waren 374.871 Personen beim AMS arbeitslos oder in Schulung gemeldet. Davon waren 65.653 Personen in Schulungen, teilt das Arbeitsministerium am Montag mit. Damit lag die Arbeitslosenquote am Jahresende bei 7,4 Prozent. Für das Gesamtjahr ergibt sich eine Arbeitslosenquote von 6,3 Prozent, laut Ministerium der niedrigste Wert seit 2008.
„Die positive Entwicklung bestätigt auch der Vorjahresvergleich: Ende 2021 waren 27.507 Personen mehr arbeitslos oder in Schulung als derzeit“, sagte Wirtschaftsminister Martin Kocher (ÖVP) laut Mitteilung. „Ende 2020 war die Arbeitslosigkeit um 146.048 Personen höher als Ende 2022. Auch Ende 2019, vor Beginn der Corona-Pandemie in Österreich, war die Zahl um 33.001 Personen höher als aktuell. Daran erkennt man, dass der Arbeitsmarkt trotz der Herausforderungen weiterhin sehr robust ist.“
Langzeitarbeitslosigkeit sank
Der Arbeitsmarkt profitierte demnach vom Wirtschaftsaufschwung in der ersten Jahreshälfte. Und Minister Kocher verweist zudem auf Maßnahmen der Bundesregierung im Bereich der Arbeitsmarktpolitik, die gegriffen hätten. So konnten im Jahresverlauf 588.334 Personen aus der Arbeitslosigkeit in Beschäftigung gebracht werden.
Als erfreulich bezeichnete Kocher die Entwicklung der Langzeitarbeitslosigkeit. Hatte diese im April 2021 mit 148.436 Personen ihren Höchststand erreicht, sind aktuell nur mehr 80.148 Personen länger als ein Jahr ohne Beschäftigung. Es handelt sich dabei um den niedrigsten Dezember-Wert seit 2013. Den deutlichen Rückgang bei der Langzeitarbeitslosigkeit führt der Minister auf das Programm Sprungbrett zurück, das Mitte 2021 ins Leben gerufen wurde und auch heuer weiter geführt werden soll.
Ende Dezember waren 150.875 Frauen und 223.996 Männer als arbeitslos gemeldet. Bei den Frauen entspricht dies einem Rückgang um 17.331, bei den Männern um 10.176.
Bei der Altersarbeitslosigkeit zeichnete sich ebenfalls eine Besserung ab: Zum Jahresende vermerkt die Arbeitsmarkt-Statistik 104.990 Personen über 50 Jahren ohne Beschäftigung. 2021 waren es noch 116.948 Personen. Aber auch bei der Jugendarbeitslosigkeit sei ein Rückgang um 918 auf 56.130 Personen zu verzeichnen. „Um auch die Jugendarbeitslosigkeit weiter zu senken, legen wir 2023 gemeinsam mit dem AMS einen Schwerpunkt auf die Förderung von jungen Menschen am Arbeitsmarkt“, sagte der Wirtschaftsminister.
Stärkster Rückgang der Arbeitslosigkeit
Die Kurzarbeit als Kriseninstrument in der intensiven Phase der Pandemie hat an Bedeutung verloren: Für Ende 2022 weist die Arbeitsmarktstatistik 3.586 in Kurzarbeit beschäftigte Personen aus - nach 233.769 Personen ein Jahr zuvor. Falls notwendig, könnte die Kurzarbeit wieder als Kriseninstrument genützt werden, verwies Kocher darauf, dass die Kurzarbeit in ihrer jetzigen Form bis Mitte 2023 verlängert wurde.
Den stärksten Rückgang der Arbeitslosigkeit verzeichnete Niederösterreich, erklärten Arbeitsmarkt-Landesrat Martin Eichinger und AMS-Landesgeschäftsführer Sven Hergovich. Für Ende Dezember weist das AMS Niederösterreich mit 48.732 Beschäftigungslosen eine Arbeitslosenrate von 7,1 Prozent aus. Dies entspricht einem Rückgang um 11,4 Prozent. In fünf Regionen des Bundeslandes gebe es sogar Vollbeschäftigung, heißt es in einer Aussendung der Niederösterreichischen Landesregierung.
Bundeshauptstadt führend
Wien weist für das Jahresende 148.455 Personen aus, die arbeitslos gemeldet oder in Schulung sind. Daher verzeichnet die Bundeshauptstadt bei den Arbeitslosen einen Rückgang um sechs Prozent. Wobei in der Hotellerie und Gastronomie die Arbeitslosigkeit um 16,6 Prozent zurückgegangen ist sowie im Einzelhandel um 10,3 Prozent.
In Tirol war die Arbeitslosigkeit mit 14.724 arbeitslosen Personen im Jahresdurchschnitt auf dem geringsten Stand seit 21 Jahren, teilte das dortige AMS mit. Die Arbeitslosenquote betrug im Jahr 2022 vier Prozent - niedriger war sie im Bundesland zuletzt im Jahr 1984 mit 3,8 Prozent. Die unselbstständige Beschäftigung (über 350.000 Beschäftigungsverhältnisse) und auch die Anzahl der beim Arbeitsmarktservice gemeldeten offenen Stellen (9.877) seien vergangenes Jahr auf ein Rekordhoch geklettert. Nie zuvor seien in Tirol so viele Menschen beschäftigt und zugleich der Personalbedarf so stark gewesen. Der Personalmangel werde jedenfalls weiter zunehmen, prognostizierte das Tiroler Arbeitsmarktservice.
Dass die Arbeitslosigkeit im Dezember wieder angestiegen ist, sei ein Trend, den man durchaus ernst nehmen müsse, teilte die Arbeiterkammer (AK) mit. „Umso wichtiger ist es, dass arbeitslose Menschen besser unterstützt werden. Das ist mit einem Arbeitslosengeld von 55 Prozent des vorherigen Bezugs und der derzeitigen Teuerung aber nicht gewährleistet. Die AK fordert daher schon seit langem das Anheben des Arbeitslosengeldes auf 70 Prozent“, betonte AK-Präsidentin Renate Anderl.
Sanktionen für Arbeitssuchende verschärft
Ingrid Reischl, Leitende Sekretärin des ÖGB, wertet die aktuellen Arbeitsmarktdaten als positive Nachricht, allerdings brauche es einen „Schub in der aktiven Arbeitsmarktpolitik“, so Reischl. „Wir werten es als positiv, dass etwa die von uns lange geforderte Umweltstiftung 2022 umgesetzt wurde. Dazu ist aber auch endlich der notwendige Ausbau an ganztägig geöffneten Kinderbetreuungsplätzen voranzutreiben.“
Für die Qualifizierung der Fachkräfte sei ein Bildungsbonus wie beim Pflegestipendium nötig, fordert die AK. Stattdessen würde das Wirtschaftsministerium die Sanktionen für Arbeitssuchende verschärfen. Das Wirtschaftsministerium verwies indessen auf die gute wirtschaftliche Situation: Nach einem überraschend hohen Wirtschaftswachstum im ersten Halbjahr schwächte sich die Konjunktur durch die Folgen des Ukraine-Kriegs ab. Die Entlastungspakete für private Haushalte hätten jedoch den privaten Konsum gestützt.
Das Wirtschaftsministerium verwies indessen auf die gute wirtschaftliche Situation: Nach einem überraschend hohen Wirtschaftswachstum im ersten Halbjahr schwächte sich die Konjunktur durch die Folgen des Ukraine-Kriegs ab. Die Entlastungspakete für private Haushalte hätten jedoch den privaten Konsum gestützt.