Wien Will’s Wissen

Vorbildwirkung: Von Generation zu Generation?

Das Mobility-Path-Projekt unter Leitung von Franziska Disslbacher, Assistenzprofessorin an der WU Wien, untersucht die Relevanz familiärer Voraussetzungen für Bildungs-, Berufs- und Einkommensverläufe.

Mobility-Path – was ist das?

Franziska Disslbacher: Mit diesem Forschungsprojekt wollen wir herausfinden, wie sehr der sozioökonomische Status in Österreich, gemessen an Bildung und Einkommen, davon abhängt, in welche Familie man hinein geboren wurden. Wie werden Bildungsverläufe von Kindern beeinflusst, wenn die Eltern hohe Bildung und hohes Einkommen haben? Oder umgekehrt, wenn die Eltern über wenig Bildung und finanzielle Ressourcen verfügen.

Klingt, als wäre Bildung in gewisser Weise vererbbar?

Berufe werden tatsächlich ,vererbt’, landwirtschaftliche Berufe etwa, bei Jurist*innen oder Ärzt*innen ist es ähnlich. Wir vermuten, dass die Bildungspersistenz, also der Konnex zwischen Eltern- und Kinderbildung, weiterhin hoch ist. Da dürfte sich, trotz des allgemeinen Anstieges des Bildungsniveaus, überraschend wenig verändert haben. Haben die Eltern einen Pflichtschulabschluss oder ein Studium absolviert, haben die Kinder häufig einen sehr ähnlichen Abschluss. Den Aspekt untersuchen wir.

Die Einkommensmobilität ist ein Weiterer.

Hier geht es darum, ob Töchter und Söhne von Eltern mit höherem Einkommen später auch Besserverdiener*innen sind. Dazu gibt es bislang keine validen Daten. Unsere Vermutung: Auch wenn die Bildungspersistenz hoch ist, muss das nicht auch bei den Einkommen so sein. Auch das beleuchten wir auf der Ebene aller Gemeinden, von Subgruppen, auch hinsichtlich von Mann und Frau.

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Mit diesem äußerst komplexen Forschungsprojekt leisten wir zweifellos Pionierarbeit

Franziska Disslbacher, Ph. D., Assistenzprofessorin WU

Was wollen Sie wissen?

Wir wollen herausfinden, wie groß die Veränderungen, vor allem im Bildungssystem, in den letzten 40 Jahren auf die Bildungs- und Einkommenspersistenz gewirkt haben. So schaffen wir Evidenz. Und wir identifizieren Punkte und Schnittstellen, die eine besonders große Wirkung auf die Chancen von schlechter gestellten Kindern haben.

Welche Rollen spielen Schulen und Nachbarschaft?

Wir fragen auch, ob ein Kind eines Facharbeiters am Land anders ausgebildet wird, als ein Kind eines Facharbeiters in der Stadt, wo Bildungsmöglichkeiten und soziale Vernetzung ja doch anders und vielfältiger sind.

Wieso werden diese so wichtigen Basics erst jetzt erfasst?

Die dafür notwendige Datengrundlage hat es bisher so nicht gegeben. Dank des Austrian Micro Data Centers ist das nun möglich. Hinzu kommen jahrelange Recherchevorarbeiten zur optimalen Umsetzung dieses komplexen Projekts, mit dem wir zweifellos Pionierarbeit leisten.

Auf welcher Datenbasis?

Wir verwenden unter anderem Daten der amtlichen Statistik, Lohnsteuerstatistik, Informationen zu Familienbeziehungen, Schul- und Hochschulstatistik. So können wir die Wege der Menschen durch das Bildungswesen sehr gut nachverfolgen.

Wieso ist das relevant?

Wir orientieren uns an der Chancengleichheit. Menschen sollten unabhängig davon, wo und in welche Familie sie geboren wurden, die gleichen Möglichkeiten haben, sich fortzubilden. Wie wir wissen, ist das nicht der Fall. Deshalb ist es wichtig, die Schnittstellen im Bildungs- und Erwerbsleben der Menschen zu identifizieren, an denen der elterliche Hintergrund schlagend wird.

Wie lange läuft das Projekt?

Bis 2027. Erste Ergebnisse nach Regionen wird es schon Anfang 2025 geben, anschaulich auf der interaktiven Homepage „Der Atlas der sozialen Mobilität“ aufbereitet. Die Kommunikation unserer Forschung ist uns wichtig.

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