Studie: Soziale Medien verstärken selbstverletzendes Verhalten
Von Monika Kässer
Eine Studie der Universitätsklinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie der MedUni Wien kam zu dem Ergebnis, visuelle Stimuli auf Social Media können den Drang zur nicht-suizidalen Selbstverletzung "erheblich" verstärken.
Vor allem auf Jugendliche, die bereits mit nicht-suizidalem selbstverletzenden Verhalten (NSSV) in Berührung gekommen sind, trifft dies zu.
50 Jugendliche im Alter von 14 bis 18 Jahren nahmen an der Untersuchung teil, deren Ergebnisse im Journal JAMA Network Open publiziert wurden. Das Forscherteam rund um Studienleiter Oswald D. Kothgassner ging der Frage nach, ob Bilder und Texte mit Inhalten zur nicht-suizidalen Selbstverletzung in den sozialen Netzwerken bei betroffenen Jugendlichen den Drang zu selbstverletzendem Verhalten oder physiologischen Stress auslösen.
Visuelle Inhalte verstärken Drang zu Selbstverletzung
Die Ergebnisse legen dar, dass Jugendliche mit NSSV-Vorbelastung "deutlich stärker auf Selbstverletzungsbilder reagieren als auf neutrale Inhalte und Schwierigkeiten haben, ihre Aufmerksamkeit von diesen abzuwenden." Demnach konnte bei Betroffenen mithilfe der Eye-Tracking-Technologie eine erhöhte Aufmerksamkeit für Bilder, die Selbstverletzungen zeigten, nachgewiesenen werden, die wiederum in einem verstärkten Drang nach selbstverletzendem Verhalten mündete.
Bei nicht vorbelasteten Jugendlichen konnte die Auswirkungen nicht nachgewiesen werden. Bei textlichen Stimuli, die Selbstverletzung thematisierten, hingegen wurde keine signifikante autonome Erregung oder eine Aufmerksamkeitsverzerrung, bei der die Inhalte rascher und verstärkt fixiert werden, beobachtet.
Dringender Handlungsbedarf
"Diese Erkenntnisse unterstreichen die Notwendigkeit, Jugendliche besser auf den Umgang mit solchen Bildern vorzubereiten und ihnen Werkzeuge an die Hand zu geben, um ihre emotionale Regulation zu verbessern und sich von belastenden Reizen zu distanzieren", appelliert Studienleiter Kothgassner. Die Forschenden weisen darauf hin, dass dringender Handlungsbedarf in Form von Prävention und Intervention besteht.
Fachleuten, die mit Betroffenen arbeiten, raten die Wissenschafter, sich Stressbewältigungsstrategien anzueignen und Social-Media-Kompetenzen zu verbessern. Darüber hinaus werden "Maßnahmen zur Verbesserung emotionaler Regulationsfähigkeiten und Sensibilisierungsprogramme" empfohlen.
Sie sind in einer verzweifelten Lebenssituation und brauchen Hilfe? Sprechen Sie mit anderen Menschen darüber. Hilfsangebote für Personen mit Suizidgedanken und deren Angehörige bietet das Suizidpräventionsportal des Gesundheitsministeriums.
Unter www.suizid-praevention.gv.at finden sich Kontaktdaten von Hilfseinrichtungen in Österreich. In Österreich finden Frauen, die Gewalt erleben, u.a. Hilfe und Informationen bei der Frauen-Helpline unter: 0800-222-555, www.frauenhelpline.at; beim Verein Autonome Österreichische Frauenhäuser (AÖF) unter www.aoef.at; der Wiener Interventionsstelle gegen Gewalt in der Familie/Gewaltschutzzentrum Wien: www.interventionsstelle-wien.at und beim 24-Stunden Frauennotruf der Stadt Wien: 01-71719 sowie beim Frauenhaus-Notruf unter 057722 und den Österreichischen Gewaltschutzzentren: 0800/700-217; Polizei-Notruf: 133).