Wie die 4B-Bewegung nach Trumps Sieg an Bedeutung gewinnt
von Afifa Akhtar
In einer zunehmend polarisierten Gesellschaft verbreitet sich die 4B-Bewegung. Für manche wirkt sie provokant, für andere zu radikal.
Der Name 4B steht für vier „Neins“: der Verzicht auf heterosexuelle Beziehungen, Heirat, Kinder und Dates mit Männern.
Entstanden ist diese Bewegung zwischen 2015 und 2016 in Südkorea als Reaktion auf einem Femizid in Seoul, bei dem eine junge Frau von einem fremden Mann erstochen wurde. Die Begründung des Täters: Sie sei eine Frau und er habe sich schon immer von Frauen missachtet gefühlt. Nun, nach Trumps Sieg bei der US-Präsidentschaftswahl, schwappt die Bewegung über den Pazifik in die USA.
Eine zentrale Rolle spielen dabei die sozialen Medien. Das Thema wurde auf TikTok so viel diskutiert, dass am Mittwoch nach dem Wahlsieg von Donald Trump die Google-Suchanfragen nach "4B" um 450 % gestiegen sind. Die Bewegung findet vor allem unter den Frauen Anklang, die sich nach Trumps Wahlsieg von "Project 2025" bedroht fühlen, einem radikalen Manifest, das unter anderem Frauenrechte massiv einschränken will.
Der Ursprung: Eine Antwort auf patriarchale Strukturen
Die 4B-Bewegung entstand in einer Kultur, in der Frauen oft extremen Druck ausgesetzt sind, den gesellschaftlichen Erwartungen von Heirat und Mutterschaft zu entsprechen. In Südkorea hat die Bewegung zunächst als Akt des Widerstands gegen das Patriarchat und gegen die alltäglichen Belästigungen begonnen, denen viele Frauen ausgesetzt sind. Im digitalen Raum fanden Frauen Gehör und entwickelten radikale Konzepte, um sich aus dieser Situation zu befreien: ein Leben ohne Männer, ohne die Verpflichtungen von Ehe oder Familie.
Trumps Wahlsieg und Project 2025 als Auslöser
Für viele amerikanische Frauen geht es nun nicht mehr nur um die Ablehnung traditioneller Werte, sondern um die Wahrnehmung einer konkreten Bedrohung ihrer Rechte und Freiheiten. Project 2025, beschreibt einen Plan, wie eine zukünftige konservative Regierung die USA grundlegend verändern könnte.
Der über 900 Seiten starke Leitfaden, an dem viele ehemalige Trump-Mitarbeiter mitgearbeitet haben, sieht unter anderem vor, Rechte auf Verhütung und Abtreibung einzuschränken, den Schutz vor geschlechterbasierter Diskriminierung und häuslicher Gewalt zu erschweren. Ein konservatives Familienbild soll durchgesetzt werden, mit klaren, hierarchischen Geschlechterrollen, und Frauen könnten ihre Entscheidungsfreiheit über ihren eigenen Körper verlieren.
Diese Aussicht verängstigt viele – vor allem junge- Frauen, die befürchten, in ein starres, patriarchales Gesellschaftsbild zurückgedrängt zu werden. In sozialen Medien diskutieren sie die Möglichkeit, dass Schwangerschaftsverhütung und Abtreibung eingeschränkt werden, und bereiten sich bereits darauf vor: In Foren und Gruppen kursieren Ratschläge für die Lagerung von Notfallverhütungsmitteln und Medikamenten, die Frauen bei Bedarf helfen sollen. Frauen rasieren sich beispielsweise auch die Haare ab, um gegen traditionelle Schönheitsideale anzukämpfen.
Oder sie fordern andere auf, ihre Profile von Dating-Apps zu löschen. In diesem Klima wird der Verzicht auf Männer, wie ihn die 4B-Bewegung propagiert, zu einem Symbol für den Widerstand gegen die Bedrohung durch Project 2025 und Trumps politische Agenda.
Ein radikaler Lebensstil – oder ein neues Modell für weibliche Freiheit?
Dabei gibt es auch Frauen, die die 4B-Ideen abwandeln und nicht alle vier „Neins“ vollständig umsetzen. Manche verfolgen eine „abgespeckte“ Version der Bewegung: Sie meiden beispielsweise bewusst Filme oder Bücher, die männlich-zentriert sind, konsumieren bevorzugt Inhalte von Autorinnen oder entscheiden sich bewusst für Produkte aus Unternehmen, die von Frauen gegründet wurden. Auch dies ist ein Akt des stillen Widerstands und der Selbstermächtigung in einer männerdominierten Kultur.
Ein Aufbruch in die Zukunft?
Die breite Masse wird die 4B-Bewegung wohl nicht erreichen. Klar ist jedoch, dass sie in den USA eine Diskussion über Geschlechterverhältnisse, individuelle Lebensentwürfe und die Zukunft der Frauenrechte angestoßen hat. Die Bedrohung durch Project 2025 und Trumps Politik zeigt auf, wie sehr politische Entscheidungen persönliche Lebensentscheidungen beeinflussen können und wie Frauen weltweit nach neuen Wegen suchen, um sich von gesellschaftlichen Zwängen zu befreien.