Künstler und Autoren treffen Leser und Politik
Ein KURIER-Geburtstagfest geht nicht ohne Blattkritik. Dafür holte sich Chefredakteur Helmut Brandstätter den Kabarettisten Michael Niavarani auf die Bühne. Es entspann sich eine unterhaltsame Doppelconference.
Für viel Echo sorgte die Titelseite über Mohamed M. Der Österreicher dürfte Gründungsmitglied der Terrormiliz IS sein, recherchierte der KURIER. "Meine Familie ist damals vor den Islamisten geflüchtet", sagte Niavarani. "Diese Unmenschlichkeit hat mit Gott und Religion nichts zu tun."
Niavarani betonte auch in digitalen Zeiten die Wichtigkeit von gedruckten Zeitungen: "Es gibt noch immer sehr viele Menschen, die einen Kanarienvogel besitzen. Die sollen im Käfig auch etwas G’scheites zum Lesen haben." Brandstätter: "Mir ist jeder Leser recht."
Überrascht von der KURIER-Meldung, dass es im Oktober eine Gelsenplage gibt, ist sich Niavarani dennoch sicher: "Was im KURIER steht, stimmt alles."
Niavarani war aber nicht der einzige Ehrengast auf der Bühne. Trotz schwerer Verkühlung nahm auch Dompfarrer und KURIER-Kolumnist Toni Faber im Rampenlicht Platz. Im Gespräch mit Chefredakteur Brandstätter gab er sich entspannt: "Mich begeistert, dass ich mich nicht mehr für den Papst entschuldigen muss."
Pfarrer und Schreiber
Seit sechs Jahren schreibt der Dompfarrer vom Stephansdom jeden Sonntag im KURIER: "Ich habe immer den Redaktionsschluss eingehalten." Ganz Journalist will er aber nicht sein: "Hier besteht schon die Gefahr, etwas zu sehr an der Oberfläche zu bleiben", übt Faber Medienkritik. Als Priester sei man doch etwas näher am echten Leben der Menschen.
Lebensnah sind auch die Karikaturen von Michael Pammesberger: Auf der Bühne zeichnete er ein Porträt von Niederösterreichs Landeshauptmann Erwin Pröll. Wegen seiner Gesichtszüge vermisst der Zeichner freilich ein wenig den Ex-Vizekanzler Michael Spindelegger. "Die Branche hat geweint, als er ging."
Die Lacher auf seiner Seite hatte auch Fußball-Legende Herbert Prohaska: "Die jungen Leute von heute verstehen ja gar nicht mehr, wie ich zu meinem Spitznamen ,Schneckerl‘ gekommen bin", verweist er auf seine mittlerweile etwas schüttere Haarpracht. "Aber ich hab den Fehler gemacht, Trainer zu werden. Und dabei fallen einem die Haare gleich büschelweise aus", erzählt er aus leidvoller Erfahrung.
Ein bunter Tag mit dem KURIER:
Promis aus allen Bereichen beim KURIER-Tag:
Eine junge Frau will vom Bundespräsidenten wissen, ob sie bleiben oder auswandern soll? Heinz Fischer, lebenserfahren und weise, empfiehlt: "Sammeln Sie Erfahrungen im Ausland, lernen sie Sprachen, aber bitte, kommen sie zurück nach Österreich."
Es war ein spannender Polit-Talk, den sich das Staatsoberhaupt und fast die Hälfte der Regierungsmannschaft beim KURIER-Fest geliefert haben – spritzig, launig – und es gab auch Ankündigungen und Festlegungen, etwa zur Steuerreform.
Durch die Bank bekannten sich die Politiker dazu, gerne zum Papier, zur Zeitung, zu greifen und sich schnell einen Überblick zu verschaffen. Dabei sind die Lesegewohnheiten ganz unterschiedlich: Der Bundespräsident liest beim Frühstück. Bildungsministerin Gabriele Heinisch-Hosek verschafft sich am Abend bei der Heimfahrt im Auto einen Überblick. Die ersten Seiten des KURIER und die Kommentare sind für sie Pflichtlektüre. Heinz Fischer gesteht: "Ich bin kein Pionier der neuen Medien", mit den Jungen kommuniziert er schon auf Twitter. Immerhin hat er rund 52.000, die ihm folgen.
Staatssekretärin Sonja Steßl, zuständig für Beamte, kann sich vorstellen, dass Angestellte aus dem Verteidigungsministerium künftig auch für die Administration in Schulen eingesetzt werden. Vor den Verhandlungen mit den Beamtengewerkschaften hat die junge Politikerin keine Angst: "Ich bin kein Haserl, das sich fürchtet."
Zum KURIER-60er gratulierten auch Neos-Chef Matthias Strolz und die Grün-Abgeordnete Gabi Moser, sie leitete ein Jahr den parlamentarischen Untersuchungsausschuss zur Klärung von Korruptionsvorwürfen. Jetzt ist sie hoffnungsvoll, dass sich die Reform des U-Ausschusses in der Zielgeraden befindet.
Ein Gipfeltreffen am Podium gab es am Nachmittag mit Finanzminister Hans Jörg Schelling, Sozialminister Rudolf Hundstorfer und Niederösterreichs Landeshauptmann Erwin Pröll. Er kam etwas zu spät. Auf die Frage von Chefredakteur Helmut Brandstätter, warum er nicht mit Blaulicht fahre, lacht er und antwortet: "Das wäre wohl eine tolle Schlagzeile für den KURIER." Es gab in der Vergangenheit Politiker, die für dringende Termine gerne das Blaulicht eingesetzt hätten.
Schelling, Hundstorfer und Pröll machten sich Gedanken über das Sparen. "Bei Doppelförderungen sollte man schon aufpassen", sagte Pröll. Hundstorfer freut sich, dass das Pensionsantrittsalter um zehn Monate gestiegen ist.
Lesern gegenüber musste der Sozialminister die Integrationspolitik erklären. "Keine Sorge", beruhigte er, "ausländische Gewalttäter behalten wir uns nicht". Sie werden abgeschoben.