Die teuerste Handtasche der Stadt
30.300 Euro. So viel war einer Liebhaberin die Hermès Alligator Birkin Tasche wert, die dieser Tage im Wiener Dorotheum versteigert wurde. Details über die neue Besitzerin der Luxus-Tasche gibt das Auktionshaus nicht preis, nur so viel: Die wertvolle Birkin Bag aus Krokoleder, die aus dem Nachlass einer betuchten Dame aus Deutschland stammt, wird demnächst auf den Straßen Wiens ausgeführt.
Das laut Dorotheum gut gepflegte Designerstück ist die teuerste Tasche, die jemals in Österreich ersteigert wurde. Was für Menschen, die sich in ihrem bisherigen Leben wenig mit Handtaschen beschäftigt haben, wie eine enorme Summe klingt, ist international gesehen ein Klacks: Bei Christie’s in Hongkong wurde 2016 eine Handtasche von Hermès um das Zehnfache, nämlich um 338.000 Euro versteigert. Der europäische Rekord ist etwas bescheidener, aber noch lange kein Schnäppchen: 2018 kam eine Himalaya Niloticus Tasche von Hermès aus dem Jahr 2008 bei Christie’s in London um 184.000 Euro unter den Hammer.
Wertsteigerung: 500 Prozent
„Handtaschen und Vintage-Mode als Wertanlage liegen im Trend“, sagt Regina Herbst, Expertin für Kleinkunst und Vintage sowie Asiatische Kunst im Dorotheum.
Das bestätigen auch internationale Marktbeobachter: So hat Baghunter, eine Online-Plattform für Taschenverkäufe, festgestellt, dass die legendäre Hermès-Luxushandtasche Birkin Bag in den vergangenen 35 Jahren um 500 Prozent an Wert gewonnen hat. In den kommenden zehn Jahren soll sich der Wert verdoppeln.
Was diese Taschen so wertvoll macht? Flapsig ausgedrückt: Das Tante-Jolesch-Prinzip. Die Krautfleckerln der berühmten Torberg-Protagonistin waren ja deshalb so begehrt, weil sie immer zu wenig davon machte. So ist es auch mit den Handtaschen. Es gibt nicht viele davon. Von der Himalaya Birkin Bag gibt es angeblich weniger als 50 Stück weltweit, eine davon schenkte David Beckham seiner Victoria. Hermès-Produkte werden in Handarbeit hergestellt. „Um das Savoir-faire von Hermès zu beherrschen, sind mehrere Jahre erforderlich“, heißt es beim Luxusproduzenten. Das gilt für sämtliche Lederwaren, ein besonderer Engpass herrscht jedoch bei den Kelly und Birkin Bags.
Bisher musste sich, wer eine neue Tasche der Kultmarke kaufen wollte, auf eine Warteliste setzen lassen. In Österreich, so heißt es auf Nachfrage bei Hermès in der Wiener Innenstadt, ist derzeit nicht einmal das möglich: „Paris hat die Liste aufgrund der großen Nachfrage vorläufig geschlossen. Vielleicht sind Vorbestellungen im Sommer wieder möglich.“ Rund vier Jahre Geduld und mindestens 6.600 Euro brauchen Interessenten für eine neue Kelly oder Birkin Bag. Neben der Größe der Tasche (je kleiner, desto gefragter) ist auch die Farbe ausschlaggebend: Am begehrtesten sind die Klassiker Schwarz, Schlamm und Cognac. Man will ja schließlich nicht Unsummen in einen letzten Schrei investieren, der nächste Saison schon wieder verhallt ist.
Vintage wird das Ganze noch exklusiver. Die Nachfrage ist international riesig. „Hauptinteresse liegt bei Hermès, Chanel und Louis Vuitton“, sagt Dorotheum-Expertin Herbst. Innerhalb dieser Firmen ist es modellabhängig. „Die Klassiker sind die teuersten – wie zum Beispiel die Kelly und Birkin Bag von Hermès und die Chanel Flap Bag.“
Kelly bis Baguette: Taschen, die Geschichte schrieben
Bei Luxushandtaschen ist es so: Es gibt die It-Bags, die eine Saison aus allen Magazinen lachen und danach keinen mehr interessieren.
Und es gibt die ewigen Klassiker, die über Jahrzehnte zu Statussymbolen avancierten und um deren Entstehung sich zahlreiche Mythen ranken. So soll Grace Kelly als frisch gebackene Fürstin von Monaco ihren Babybauch 1956 mit einer schwarzen Hermès-Tasche aus Krokodilleder kaschiert haben. Das Foto wurde so stark verbreitet, dass Hermès sein Modell vom sperrigen „Petit Sac Haut à Courroies“ in Kelly Bag umbenannte. Eine weise Entscheidung.
Der Nachfolge-Klassiker, die weniger formelle Birkin Bag, soll 1984 in einem Flugzeug entstanden sein, als die Schauspielerin Jane Birkin neben Hermès-Boss Jean-Louis Dumas zum Sitzen kam und über eine fehlende Lederhandtasche für Wochenendtrips klagte. Angeblich kritzelte Dumas noch in der Luft erste Entwürfe auf eine Serviette. Als größter Birkin-Fan gilt heute Victoria Beckham, inzwischen selbst Modeschöpferin – sie soll an die hundert Exemplare im Wert von 1,7 Millionen Euro besitzen.
Elegant sind sie ja, die ledernen Edeltascherl, mit ihrem kurzen Henkel aber auch irgendwie unpraktisch. So dachte Coco Chanel, als sie vor über 60 Jahren ihre Flap Bag schuf und Frauen zu mehr Bewegungsfreiheit verhalf: Dank der langen, mit Lederriemen verflochtenen Metallketten konnten sie sich ihr Täschchen endlich um die Schulter hängen und hatten die Hand für Wichtigeres frei. Das gesteppte Kultobjekt kam im Februar 1955 auf den Markt und heißt bis heute Chanel 2.55.
Ein jüngerer Klassiker ist die nach ihrer länglichen Form benannte Baguette Bag aus dem italienischen Modehaus Fendi. Entworfen hat sie Mitte der Neunziger Silvia Venturini, berühmt gemacht Carrie Bradshaw, als sie mit einer violett schillernden Baguette in einer Folge „Sex and the City“ eines ihrer legendären Outfits komplettierte.