"The Times": Prinz William hat eine Grenze überschritten
In einer seltenen politischen Einlassung hat der britische Thronfolger Prinz William diese Woche ein Ende der Kämpfe im Gazastreifen gefordert.
"Ich bin nach wie vor zutiefst besorgt über die schrecklichen menschlichen Kosten, die der Konflikt im Nahen Osten seit dem Terroranschlag der Hamas am 7. Oktober verursacht hat", sagte der Sohn von König Charles III. einer am Dienstag veröffentlichten Mitteilung.
Die britische Zeitung The Times sieht in dem Statement eine Grenzüberschreitung und schreibt: "Alle anständigen Menschen wollen ein Ende der Gewalt in Gaza, aber nach Ansicht der meisten Israelis sollte der Frieden nicht um jeden Preis erkauft werden. Ein Aufruf zu einem Waffenstillstand, der es der Hamas ermöglichen würde, sich wieder als Kampftruppe zu formieren - selbst wenn alle Geiseln freigelassen werden - ist von vornherein parteiisch."
William hatte sich für Waffenstillstand eingesetzt: "Zu viele wurden getötet. Ich möchte, wie so viele andere auch, dass die Kämpfe so schnell wie möglich ein Ende haben." Die Royal Family hält sich aufgrund einer strikten Neutralität mit Äußerungen zu aktuellen politischen Themen in aller Regel stark zurück. William wollte jedoch in dieser Woche an mehreren Veranstaltungen mit Bezug zum Nahost-Konflikt teilnehmen, wie der Kensington-Palast - die offizielle Residenz des Prinzen von Wales - zuvor angekündigt hatte.
Times: "William auf umstrittenen Terrain"
"Es besteht dringender Bedarf an verstärkter humanitärer Unterstützung für Gaza", sagte der 41-Jährige der Mitteilung zufolge weiter. "Es ist von entscheidender Bedeutung, dass Hilfe ankommt und die Geiseln freigelassen werden."
Erst aufgrund des schieren Ausmaßes menschlichen Leids werde deutlich, wie wichtig dauerhafter Frieden sei. "Selbst in der dunkelsten Stunde dürfen wir dem Rat der Verzweiflung nicht nachgeben. Ich halte weiterhin an der Hoffnung fest, dass eine bessere Zukunft gefunden werden kann, und ich weigere mich, diese Hoffnung aufzugeben", sagte William.
Die Times sieht Williams Positionierung weiter kritisch: "Der Prinz von Wales hat sich praktisch mit einem solchen Ergebnis abgefunden, als er eine Erklärung abgab, in der er ein Ende der Kämpfe forderte, aber den Vorbehalt wegließ, dass die Hamas kampfunfähig gemacht werden müsse. Damit begab sich der Thronfolger auf das Terrain der Politik - und zwar auf ein äußerst umstrittenes Terrain. Dies war eine schwere Fehleinschätzung. Indem er seine Gedanken in einem offiziellen Format online veröffentlichte, hat der Prinz die Grenze überschritten, die die rechtmäßig Gewählten von den genetisch Auserwählten trennt. Als einer der letzteren, der allein aufgrund seiner Geburt mit Privilegien ausgestattet ist, hat er einfach kein Recht, sich in dieser Weise zu äußern. Sein Status als Thronfolger schließt das aus."