Warum die Olympia-Bahn in Peking die Rodel-Stars aufs Glatteis führt
Von Christoph Geiler
Das Runterkommen sei kein Problem, meint Wolfgang Kindl, aber das kann natürlich nicht sein Anspruch sein, einfach nur heil und auf dem Schlitten das Ziel zu erreichen. Der Mann ist Doppelweltmeister, einer der Stars im Kunstbahnrodeln und somit stets im Kampf mit den Tausendstelsekunden. Aber genau das ist vorerst für alle noch die große Herausforderung auf der neuen Olympiabahn in Yanqing, wo an diesem Wochenende der Weltcup eröffnet wird.
Was ist die Ideallinie? Wo sind die richtigen Lenkpunkte? Wie weit lässt sich das Material ausreizen? Fragen über Fragen, auf die selbst ein Routinier wie Wolfgang Kindl (33) noch nicht die passende Antwort gefunden hat. „Ich tu’ mich relativ schwer, einen Plan zu erarbeiten, damit ich genau weiß, was ich in welcher Kurve zu tun habe“, gibt der Tiroler zu.
Denn während auf vielen anderen Bahnen die schnellste Linie praktisch vorgegeben ist, führen im hypermodernen Olympia-Eiskanal von Peking offensichtlich viele Wege ans Ziel. „Die Kurven sind extrem offen, deshalb kann man extrem viele Linien fahren“, erklärt Kindl. „Und an einigen Passagen muss man hier auch gegen sein Körpergefühl arbeiten. So einen Charakter hat keine andere Bahn.“
Die Rodler sitzen freilich alle auf demselben Schlitten. Wenn es dann im Februar um die begehrten Medaillen geht, werden alle Sportler höchstens 50 Fahrten absolviert haben, umso wichtiger sind die Weltcuprennen an diesem Wochenende als Standortbestimmung. Wer sich jetzt bei der Generalprobe stark präsentiert, hat wohl gute Chancen auf ein Olympiaticket.
Bei den Österreichern kämpfen mit Wolfgang Kindl, Olympiasieger David Gleirscher, Jonas Müller, Nico Gleirscher und Reinhard Egger fünf Rodler, die bereits Medaillen gewonnen haben, um die drei Startplätze für Peking 2022.
Start mit Handicap
Eine lästige Olympia-Qualifikation bleibt Janine Flock erspart. Seit Jahren ist die Tirolerin schon als Einzelkämpferin unterwegs und als amtierende Gesamtweltcupsiegerin zählt die 32-Jährige zu den großen österreichischen Medaillenhoffnungen.
Vor dem Weltcup-Auftakt an diesem Freitag auf ihrer Hausbahn in Igls wurde die dreifache Europameisterin allerdings von Bandscheibenproblemen aus der Bahn geworfen. „In der letzten Woche konnte ich nicht einmal selber meine Socken anziehen“, berichtet Janine Flock.
Ein Verzicht auf den Heimweltcup wäre für Janine Flock allerdings nie in Frage gekommen. Auf dem Weg zu den Olympischen Spielen benötigt sie jeden Wettkampf, einerseits um das richtige Fahrgefühl zu bekommen, andererseits auch um in Hinblick auf Peking wertvolle Rückschlüsse auf das Material zu erhalten. „Es geht darum, sich als Team zu entwickeln. Die Olympischen Spiele sind der Höhepunkt.“