Sport/Wintersport

Kriechmayr gewinnt den chaotischen Super-G in Gröden

Spätestens als Vincent Kriechmayr im Zielraum eine Jause serviert bekam, wurde dem Letzten klar, dass dieser Super-G von Gröden ein nicht ganz alltägliches Skirennen war. Die meisten Rennläufer-Kollegen hatten sich schon längst ins Hotel zurückgezogen, viele Anhänger waren von der Tribüne bereits in die Après-Ski-Bars übersiedelt. Nur Kriechmayr hielt tapfer im Ziel der Saslong-Piste die Stellung.

Das ist nun einmal das Los des Leaders, der sich mittlerweile immerhin auf einen riesigen, roten Stuhl niederlassen darf. Er darf erst gehen, wenn das Rennen vorbei ist. Doch an diesem Freitag beneidete den 28-Jährigen wohl niemand um seinen Platz in der Leaderbox und die Führung im Super-G. Denn dieser bequeme Sitz im Zielinnenraum glich dann doch eher einem Schleuderstuhl.

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Nicht nur einmal lief Vincent Kriechmayr Gefahr, den Sessel räumen zu müssen. Bei jeder neuen Nebelbank, die sich über der Saslong festsetzte, musste der Oberösterreicher um seinen Sieg bangen. Und Vincent Kriechmayr zitterte stundenlang um seinen fünften Weltcup-Erfolg. Denn die FIS-Regel besagt: Ein Rennen kommt erst dann in die Wertung, wenn zumindest 30 Läufer gestartet sind.

Dummerweise waren erst 21 Athleten im Ziel, als Kriechmayr am frühen Nachmittag seine Jause verdrückte.

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Ein Nervenspiel

Es sollte schließlich bis 15.30 Uhr dauern, ehe der Super-G-Sieg des Oberösterreichers auch offiziell feststand. Zwischen dem regulären Rennbeginn um 11.45 Uhr und dem Abbruch lagen zwei elendslange Unterbrechungen aufgrund der Wetterkapriolen im Grödnertal.  Die zweite Zwangspause nach Startnummer 20  war dermaßen enervierend (1:34 Stunden), dass kaum noch jemand an die Wiederaufnahme des Rennens glaubte.

„So ein Rennen habe ich noch nie erlebt. Die wollten das unbedingt durchboxen“, sagte Vincent Kriechmayr, als sein Sieg dann endlich feststand. Das Warten und Zittern, das Hoffen und Bangen war für den 28-Jährigen deutlich nervenaufreibender und kräfteraubender als seine rasante Fahrt zuvor über die Saslong. „Es war wirklich ungut im Ziel“, gestand Kriechmayr, der nach der Siegerehrung nur mehr ins Hotel wollte.

Die obligate Pressekonferenz wollten die Veranstalter dem Österreicher, dem Norweger Kjetil Jansrud (2.) und dem Deutschen Thomas Dreßen (3.) dann nicht mehr antun. Immerhin ist für Samstag die klassische Abfahrt angesetzt - die Wetterprognosen sind allerdings nicht gerade die besten.

Extrem selbstkritisch

7, 3, 7, 2, 1 - das sind nun die Saisonplatzierungen von Vincent Kriechmayr in den bisherigen fünf Speedbewerben. Das ist auf den ersten Blick  eine beeindruckende Ausbeute, doch der Oberösterreicher ist mit sich keineswegs restlos zufrieden. Der Gröden-Sieger ist wohl der selbstkritischste Rennläufer im Feld, niemand scheint sich so zu hinterfragen wie der zweifache WM-Medaillengewinner von Åre.

„Ich bin richtig enttäuscht von mir“, hatte Kriechmayr etwa nach seinem siebenten Rang im Super-G von Beaver Creek gemeint. Auch all den Experten, die so von seinem Fahrstil angetan sind, kann er wenig abgewinnen. „Ich habe in den letzten Jahren zwei Abfahrten gewonnen“, sagt Kriechmayr. „Für das, wie alle mich loben, ist das nicht richtig viel.“

 

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Endstand:

  1. Vincent Kriechmayr (AUT) 1:13,84
  2. Kjetil Jansrud (NOR) +0,05
  3. Thomas Dreßen (GER) 0,22
  4. Mauro Caviezel (SUI) 0,35
  5. Dominik Paris (ITA) 0,36
  6. Hannes Reichelt (AUT) 0,38
  7. Aleksander Aamodt Kilde (NOR) 0,54
  8. Johan Clarey (FRA) 0,54
  9. Beat Feuz (SUI) 0,55
  10. Adrien Theaux (FRA) 0,58
  11. Matthias Mayer (AUT) 0,59
  12. Andreas Sander (GER) 0,62
  13. Steven Nyman (USA) 0,63
  14. Gino Caviezel (SUI) 0,75
  15. Mattia Casse (ITA) 0,85
  16. Adrian Smiseth Sejersted (NOR) 0,85
  17. James Crawford (CAN) 0,89
  18. Felix Monsen (SWE) 0,91
  19. Stefan Rogentin (SUI) 0,99
  20. Stefan Babinsky (AUT) 1,10
  21. Christian Walder (AUT) 1,10