Sport/Wintersport

Tränen und Rekordsieg von US-Skistar Shiffrin, ÖSV weiter in der Krise

Es war abzusehen, dass Mikaela Shiffrin den sechsten Rang im ersten Riesenslalom von Kranjska Gora nicht auf sich sitzen lassen würde. Nach disziplinübergreifend fünf Siegen in Serie war sich die 27-Jährige aus Colorado am Samstag selbst ein Rätsel, eingehende Analyse und eine kalte, klare Nacht im Dreiländereck Slowenien–Österreich–Italien brachten die 81-fache Siegerin von Weltcuprennen wieder zurück in die Erfolgsspur.

Hart gefroren war die Piste Podkoren 3 am Sonntagmorgen, und Mikaela Shiffrin presste mit Startnummer eins in 55,30 Sekunden zu Tal. Das bedeutete bei Halbzeit 0,24 Sekunden Vorsprung auf die Italienerin Federica Brignone und 0,39 auf die kanadische Samstag-Siegerin Valérie Grenier. Bereits 0,73 Sekunden Rückstand handelte sich Marta Bassino ein, die italienische Führende im Riesenslalom-Weltcup lag damit an vierter Stelle.

„Ich habe mich auf den Skiern wesentlich besser gefühlt als am Samstag“, sagte Shiffrin, „sehr aggressiv, sehr aktiv. Ich habe am Samstag noch sehr viel Video geschaut und versucht, meinen Zugang zum Fahren etwas anders zu sehen. Es war eine Frage der mentalen Einstellung.“

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Überragend

Die bescherte ihr nach der zweiten Bestzeit im zweiten Lauf den 82. Weltcupsieg, damit stellte die 27-Jährige den Rekord ihrer Landsfrau Lindsey Vonn ein, die bei ihrer Nummer 82 bereits 33 Jahre alt war. Noch vier Erfolge fehlen Shiffrin auf den Schweden Ingemar Stenmark.

Nach ihrer Großtat schrie die neue Rekordfrau ein so noch selten gehörtes „yes" durch den Zielraum von Kranjska Gora, ehe sie sich auf die Skier sinken ließ und kurz innehielt, um dann mit einem breiten Lächeln wieder aufzustehen. 77 Hundertstel lag sie am Ende vor Brignone, 97 vor der Schweizerin Lara Gut-Behrami. Und ihre Führung im Gesamtweltcup hat sie auf nun schon 419 Punkte auf Petra Vlhova (SVK) ausgebaut; aktuell hält Shiffrin bei 1.115 Zählern.

„Ich weiß gar nicht, wieso ich so reagiert habe. Ich war so nervös vor dem zweiten Durchgang, ich fühlte mich, als würde ich gleich in Ohnmacht fallen. Ich habe mir 100 Mal vorgestellt, wie ich ins Ziel komme, und 99 Mal habe ich die Führung gedanklich verloren“, sagte Shiffrin. „Aber dann habe ich so viel Gas gegeben wir möglich, und dann hat es tatsächlich grün aufgeleuchtet. Ich kann es nicht glauben.“

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Das ÖSV-Tief geht weiter

Die Österreicherinnen fuhren auch wieder mit – und die Besten den Besten erneut weit hinterher. Katharina Liensberger handelte sich mit einer Mischung aus verlorener Technik, Ungeduld und schlechtem Timing 2,52 Sekunden Verspätung ein (Platz 38), womit ihr Arbeitstag nach einem Lauf beendet war.

„Ich denke, dass man einiges analysieren muss“, sagte die 25-jährige Vorarlbergerin und betonte: „Ich kann nur weiter an mir arbeiten und mein Bestes geben. Ich glaube, es gibt viele Hebel, wo man ansetzen kann. Wenn man die Besten ansieht, was sie machen und was ich mache, da sieht man einfach große Unterschiede.“

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Ratlos und verzweifelt

Katharina Truppe wurde von ihren Skiern mit 3,49 Sekunden Rückstand zu Tal befördert (Platz 49), die Kärntnerin ist inzwischen völlig verunsichert und verpasste wie schon am Samstag die Qualifikation für das Finale.

„Ich bin ratlos und verzweifelt im Moment“, sagte die Alt-Finkensteinerin nach ihrem zweiten missratenen Heimrennen in Serie (zu ihr nach Hause sind es 30 Minuten mit dem Auto). „Es fehlt mir das Selbstbewusstsein. Ich hab’s mir heute echt vorgenommen, aber wenn der Wurm drinnen ist ... und der sitzt gerade so tief ... ich weiß nicht, welches Wurmmittel ich da nehmen muss. Es funktioniert im Moment grad nicht. Wir können nur weiter trainieren und schauen, dass wir eine Lösung finden.“

Getreu dem Motto „Schlimmer geht immer“ verpassten auch Elisa Mörzinger (31./+2,36), Nina Astner (37./+2,51), Elisabeth Kappaurer (52./+3,75), Ramona Siebenhofer (54./+3,81) und Katharina Huber (59./+4,44) den zweiten Durchgang. Ricarda Haaser rutschte nach zu viel Innenlage aus dem Kurs.

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Julia Scheibs Fingerzeig

Beste der drei von elf gestarteten Österreicherinnen, die es ins Finale schafften, wurde die Steirerin Julia Scheib, die im vierten Rennen nach ihrer knapp zweijährigen Verletzungspause als 13. (+2,60 Sekunden) erstmals wieder in die Punkteränge kam und prompt das beste Ergebnis ihrer Karriere holte.  „Das ist ein richtig guter Schritt gewesen“, sagte die 24-Jährige, die nach ihrem Kreuzbandriss im Februar 2021 „fast schon nichts mehr machen konnte – auch im Alltag“.

Stephanie Brunner wurde auf zunehmend aufweichender Piste  14. (+2,73), die Samstag-Zwölfte  Franziska Gritsch 15. (+2,86).

Ein Schritt zurück

Zeit zur Ursachenforschung bleibt den Österreicherinnen kaum: Schon am Dienstag geht es mit dem Nachtslalom in Flachau weiter. Klar ist: „Es ist eine brutale Kopfsache“, wie ÖSV-Technik-Trainer Georg Harzl erkannte. Die Hoffnung liegt auf der Rennpause nach dem Flutlicht-Klassiker im Pongau, „dass wir dann auf leichte Hänge zurückgehen und Schwung auf Schwung fahren, damit die Mädels wieder eine Sicherheit finden“.

Während einer Rennserie wie rund um den Jahreswechsel „ist das brutal schwierig, dass du etwas in Ruhe machst über zwei, drei, vier Tage. Das muss man kontinuierlich aufbauen. Wenn du willst und es geht nicht, musst du einen Schritt zurückgehen.“

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 1. Mikaela Shiffrin (USA)        1:52,53       55,30   57,23
 2. Federica Brignone (ITA)       1:53,30 +0,77 55,54   57,76
 3. Lara Gut-Behrami (SUI)        1:53,50 +0,97 56,07   57,43
 4. Petra Vlhova (SVK)            1:53,60 +1,07 56,17   57,43
 5. Marta Bassino (ITA)           1:53,69 +1,16 56,03   57,66
 6. Valérie Grenier (CAN)         1:54,27 +1,74 55,69   58,58
 7. Mina Fürst Holtmann (NOR)     1:54,36 +1,83 56,41   57,95
 8. Sara Hector (SWE)             1:54,47 +1,94 56,15   58,32
 9. Paula Moltzan (USA)           1:54,60 +2,07 56,41   58,19
10. Ana Bucik (SLO)               1:54,92 +2,39 56,53   58,39
11. Maria Therese Tviberg (NOR)   1:54,98 +2,45 56,81   58,17
12. Andrea Ellenberger (SUI)      1:55,07 +2,54 57,60   57,47
13. Julia Scheib (AUT)            1:55,13 +2,60 57,40   57,73
14. Stephanie Brunner (AUT)       1:55,26 +2,73 57,41   57,85
15. Franziska Gritsch (AUT)       1:55,39 +2,86 57,39   58,00
16. Elisa Platino (ITA)           1:55,45 +2,92 57,57   57,88
17. Ragnhild Mowinckel (NOR)      1:55,46 +2,93 56,88   58,58
18. Tessa Worley (FRA)            1:55,56 +3,03 57,38   58,18
19. Zrinka Ljutic (CRO)           1:55,57 +3,04 57,40   58,17
20. Thea Louise Stjernesund (NOR) 1:55,61 +3,08 57,19   58,42
21. Maryna Gasienica-Daniel (POL) 1:55,81 +3,28 56,61   59,20
22. Camille Rast (SUI)            1:55,95 +3,42 57,51   58,44
23. Wendy Holdener (SUI)          1:56,28 +3,75 57,61   58,67
24. Britt Richardson (CAN)        1:56,33 +3,80 57,01   59,32
25. Nina O'Brien (USA)            1:56,40 +3,87 57,34   59,06
26. Estelle Alphand (SWE)         1:56,69 +4,16 57,14   59,55
27. Simone Wild (SUI)             1:56,70 +4,17 57,27   59,43
28. Michelle Gisin (SUI)          1:56,87 +4,34 57,38   59,49
29. Tina Robnik (SLO)             1:59,49 +6,96 57,48 1:02,01

Ausgeschieden im 1. Durchgang u.a.: Ricarda Haaser (AUT)

Ausgeschieden im 2. Durchgang: Alice Robinson (NZL)

Weltcup, gesamt (18/38):

  1. Mikaela Shiffrin (USA)     1.115
  2. Petra Vlhova (SVK)           696
  3. Wendy Holdener (SUI)         519
  4. Lara Gut-Behrami (SUI)       476
  5. Sofia Goggia (ITA)           470
  6. Marta Bassino (ITA)          460
  7. Federica Brignone (ITA)      379
  8. Sara Hector (SWE)            364
  9. Ragnhild Mowinckel (NOR)     340
 10. Corinne Suter (SUI)          337
 11. Anna Swenn-Larsson (SWE)     320
 12. Ana Bucik (SLO)              309
 13. Elena Curtoni (ITA)          306
 14. Paula Moltzan (USA)          266
 15. Michelle Gisin (SUI)         234
 16. Mirjam Puchner (AUT)         231
 17. Cornelia Hütter (AUT)        209
 23. Nina Ortlieb (AUT)           178
 24. Franziska Gritsch (AUT)      171
 26. Katharina Liensberger (AUT)  165
 31. Katharina Truppe (AUT)       150

Riesentorlauf Frauen (6):

 1. Marta Bassino (ITA)           425
 2. Mikaela Shiffrin (USA)        400
 3. Lara Gut-Behrami (SUI)        357
 4. Petra Vlhova (SVK)            336
 5. Federica Brignone (ITA)       304
 6. Sara Hector (SWE)             233
 7. Valérie Grenier (CAN)         207
 8. Tessa Worley (FRA)            174
 9. Ragnhild Mowinckel (NOR)      160
10. Paula Moltzan (USA)           141
11. Ana Bucik (SLO)               114
12. Maryna Gasienica-Daniel (POL) 102
13. Coralie Frasse Sombet (FRA)    94
14. Thea Louise Stjernesund (NOR)  93
15. Ricarda Haaser (AUT)           92
16. Katharina Liensberger (AUT)    91
19. Franziska Gritsch (AUT)        79
23. Stephanie Brunner (AUT)        55
24. Ramona Siebenhofer (AUT)       48
29. Elisabeth Kappaurer (AUT)      31
30. Katharina Truppe (AUT)         30

Mannschaft Frauen (18):

 1. Schweiz       2.332
 2. Italien       1.925
 3. Österreich    1.793
 4. USA           1.590
 5. Norwegen        894
 6. Schweden        881
 7. Slowakei        696
 8. Frankreich      605
 9. Slowenien       569
10. Deutschland     530