Loitzl und Kofler zittern um Olympia
Die Österreicher fliegen auf die Adler. 1,61 Millionen Menschen waren am Dreikönigstag Augenzeugen, wie der niederösterreichische Senkrechtstarter Thomas Diethart mit seinem Triumph bei der Vierschanzentournee die Sport-Welt auf den Kopf stellte. So hohe Einschaltquoten (1,476 Millionen Seher im Schnitt) wurden beim ORF während der Tournee noch nie gemessen.
Der frischgekürte König der Lüfte, der mit seiner unbekümmerten und unaufgeregten Art die Massen begeisterte, kann selbst nicht ganz nachvollziehen, was für einen Karrieresprung er da gerade hingelegt hat. Von 0 auf 100 in drei Wochen, ohne Anlauf flog Diethart auf Wolke sieben und in die Herzen der Fans. Mittlerweile kratzt der Weitenjäger auf Facebook bereits an der 50.000-Freunde-Marke, und in seiner Heimatgemeinde Michelhausen haben sie ihn überhaupt zum Fressen gern. Beim großen Tournee-Public Viewing im Tullnerfeld war der Didl-Burger in aller Munde. „Das braucht sicher Zeit, bis ich verstehe, was los ist“, erklärte der Michelhausener, der im Augenblick des Triumphes nicht auf seine Familie vergisst.
Jahrelang hatten die Eltern viel Zeit und Geld investiert, um Thomas Diethart den Traum vom Fliegen zu verwirklichen. Am süßen Preisgeldkuchen (knapp 40.000 Euro nur bei der Tournee) darf daher die ganze Familie mitnaschen. „Die Familie ist oft zu kurz gekommen“, meint der 21-Jährige.
Für die Olympischen Spiele ist der Tourneesieger allerdings bereits gesetzt. Genauso wie seine Teamkollegen Gregor Schlierenzauer und Thomas Morgenstern, die in diesem Winter ebenfalls bereits Weltcupsiege feiern konnten. Dahinter wird’s eng im Kampf um die beiden letzten Tickets.
Zitterpartie
So mancher verdienstvolle und olympiaerprobte ÖSV-Springer muss sich ernsthaft Sorgen um einen Start in Sotschi machen. Martin Koch, der Teamolympiasieger von 2006, wird Olympia nur als Zuseher erleben, aber auch Andreas Kofler, Mannschafts-Olympiasieger von 2006 und 2010, droht das Aus. Der routinierte Tiroler, 2012 noch Sieger der Olympia-Generalprobe in Sotschi, ist seit über einem Jahr nicht mehr in die Top Ten gesprungen. In Bischofshofen und in Innsbruck reichte es zuletzt nicht einmal mehr für den Finaldurchgang. Und auch Wolfgang Loitzl, 2010 ebenfalls im Gold-Quartett, hat sein Ticket nach Russland alles andere als sicher.
Viel Zeit bleibt den Routiniers nicht mehr, um Werbung in eigener Sache zu betreiben. Sportdirektor Ernst Vettori hat bereits angekündigt, dass das Olympia-Aufgebot in zwei Wochen, nach den Springen in Polen, stehen wird. Aber ob mit oder ohne Kofler, der Wind müsste in Sotschi schon extrem verrückt spielen, dass Österreichs erfolgsverwöhnte Adler keine Medaille holen.
Überhaupt erlebt die Nordische Familie gerade eine Hochzeit. Am Wochenende flog nicht nur Thomas Diethart zum Tourneesieg, auch in den anderen Sparten feierten die Österreicher umjubelte Erfolge am langlaufenden Band. Dank Kombinierer Willi Denifl, der in Russland siegte, und vor allem dank Johannes Dürr, der die lange Dürreperiode im österreichischen Langlauf beendete und im Rahmen der Tour de Ski zu seinem ersten Weltcupsieg skatete.
Alpine FIS-Groteske
Für die Alpin-Bewerbe darf Österreich insgesamt 22 Damen und Herren nennen. Noch im Herbst hatte der ÖSV befürchtet, dass das IOC maximal 14 zulässt. Ja dem Schweizer Skiteam drohte gar, mit Alpin-Exoten wie Belgien oder Großbritannien auf eine Quoten-Ebene zurückgestuft zu werden.
Tournee-Bilanz:
Seit Dienstag gelten in Sotschi die schärfsten Sicherheitsmaßnahmen der olympischen Geschichte. Der russische Präsident Wladimir Putin verwandelt die Stadt in eine Festung. Eingesetzt werden Überwachungssatelliten, Drohnen, Boden-Luft-Raketen und 37.000 Polizisten. Jedes Auto wird an der Stadtgrenze kontrolliert.