ÖSV-Skisprungsieger Jan Hörl: Ein Lauser mit großer Zukunft
Von Christoph Geiler
Es gab Zeiten, da wartete man nur darauf, welches Unheil dem armen Jan Hörl wohl als Nächstes widerfahren würde. Der Salzburger Skispringer schien das Pech und die Missgeschicke geradezu magnetisch anzuziehen. Einmal wurde er disqualifiziert, weil seine Schuhe zu groß waren. Ein anderes Mal entsprach der Anzug nicht den Normen. Den Vogel schoss der junge ÖSV-Adler aber im vergangenen Winter ab, als er in Wisla aus dem Klassement gestrichen wurde, weil er zu lange am Zitterbalken gehockt war.
„Natürlich habe ich mich gefragt: Warum erwischt es immer mich“, erinnert sich der 23-Jährige.
Wacklige Beine
Diese Pleiten-, Pech- und Pannenserie schien in dieser Saison eine Fortsetzung zu nehmen, als Jan Hörl mehrmals nach beeindruckenden ersten Durchgängen im Finale dann seine gute Ausgangsposition verspielte. So eine Vielzahl an negativen Erfahrungen kann im Kopfsport Skispringen rasch einmal ein Trauma zur Folge haben.
Und es erklärt auch, warum Jan Hörl in Wisla nach seiner Halbzeitführung mit so wackligen Beinen oben am Zitterbalken saß. Im Angesicht des ersten Weltcuperfolgs wollte er auf keinen Fall erneut einen Absturz fabrizieren. „Das macht schon was mit einem und war bei mir tief im Kopf drinnen“, erzählt Hörl, „ich wollte es einfach nicht schon wieder verkacken.“
Ein Halbzeitgespräch mit Cheftrainer Andreas Widhölzl verlieh dem 23-Jährigen die Flügel, die ihn zum ersten Weltcupsieg tragen sollten. „Er hat mir gesagt: ,Sei mutig, sei ein Killer und halte dich ja nicht zurück’“, berichtet Hörl, der den Rat des Trainers befolgte und damit zum ersten österreichischen Gewinner seit fast fünf Jahren wurde, der nicht Stefan Kraft heißt. „Es tut gut, dass ich es endlich einmal runter gekriegt habe.“
Großes Potenzial
Es war ein Premierensieg mit Ansage, auch wenn er dann doch etwas länger auf sich warten ließ. Schon vor Jahren wurde der Blondschopf aus Bischofshofen als künftiger Überflieger gehandelt, allein die Resultate hielten mit den hohen Erwartungen selten einmal Schritt.
Bis zu seiner Gala in Wisla – Hörl gewann auch noch die Qualifikation und mit den Kollegen den Teambewerb – hatte der Pongauer gerade einmal zwei Top-Ten-Platzierungen zu Buche stehen. „Wenn du ständig zu hören bekommst, dass du großes Potenzial hast, wirst du ungeduldig und willst es erzwingen. Das funktioniert aber im Skispringen nicht.“
Jetzt, da der erste Erfolg endlich gelandet ist, steigen naturgemäß die Ansprüche und die öffentliche Aufmerksamkeit. Chefcoach Widhölzl hat keine Angst, dass Jan Hörl die Bodenhaftung oder den Fokus verlieren könnte. „Er ist keiner, der abhebt. Der Jan ist ein bisschen ein Lauser, der seine Flausen im Kopf hat.“
Der österreichische Cheftrainer sieht im 23-Jährigen jedenfalls kein One-Hit-Wonder, sondern einen Athleten, der im Reich der Schanzen alle Chancen dieser Welt hat. „Er bringt körperlich so gute Voraussetzungen mit und hat ein so gutes Gesamtpackage, dass er im Skispringen tonangebend sein kann“, ist Andreas Widhölzl überzeugt.