Lindsey Vonn ist wieder "happy"
Von Christoph Geiler
Tina Maze konnte einem fast ein wenig leidtun, so verloren und verlassen, wie sie plötzlich dastand im Zielstadion von St. Anton. Eben war die beste Skiläuferin des Winters noch umzingelt von neugierigen Reportern und lästigen Fotografen, doch von einer Sekunde auf die andere war Maze nur noch Luft.
Die First Lady des Ski-Weltcups steht in der Hierarchie offenbar noch immer unter der Speed Queen.
Lindsey Vonn kam also, sah, und kriegte – nämlich die ganze Aufmerksamkeit. Die Schweizer Trainingsbeste Lara Gut? Uninteressant. Die amtierende Abfahrtsweltmeisterin Elisabeth Görgl? Im Abseits. Die österreichische Hoffnungsträgerin und Trainingszweite Anna Fenninger? Auch nur eine Randerscheinung neben der Dame mit der Startnummer zehn, die abgeschlagen mit knapp vier Sekunden Rückstand als 24. ins Ziel kam.
Missis Sunshine
Wie war das doch gleich noch einmal mit dem körperlichen Einbruch im Dezember?
Lindsey Vonn wollte über vergangene Probleme genauso wenig reden wie über die Scheidung von ihrem langjährigen Partner Thomas Vonn, die nun offiziell besiegelt ist. Stattdessen wies sie auf die Notwendigkeit der Zwangspause und ihre Fitness hin. "Mein Leben ist etwas durcheinandergekommen, nachdem ich krank war. Es war ein Punkt, an dem du einfach auf den Körper hören musst. Ich habe das getan. Jetzt fühle ich mich wieder stark."
Harter Karl
Die Konkurrenz war jedenfalls über den Rückstand von Lindsey Vonn nicht verwundert. "Das überrascht mich nicht. Das ist nicht Lake Louise. Das ist ganz was anderes", lächelte die Salzburgerin Anna Fenninger, die auf Lara Gut bereits mehr als eine Sekunde Rückstand hatte. "Das ist ein Kampf, von oben bis unten."
Comeback von Lindsey Vonn in St. Anton, dem WM-Ort 2001, auf der „Karl Schranz“. Auf einer Piste, die mit den gleichen Attributen beschrieben wird wie einst der Weltmeister, nach dem sie benannt ist: heikel, unbequem.
Comeback von Max Franz heute im WM-Ort 2013 in Schladming: Der Kärntner, der als größte junge Abfahrtshoffnung gilt, darf sechs Wochen nach seinem Sturz (Super-G, Beaver Creek ) auf dem Oberteil der steirischen WM-Strecke erstmals mit den langen Latten trainieren.
Ein anderes Comeback verzögert sich. Bode Miller plagen nach wie vor Knieprobleme. Aber der Tiroler US-Skichef Patrick Riml hält seinem grenzgenialen Star bis zuletzt ein WM-Platzerl für Schladming frei.
Bei Miller rächt es sich, dass er jahrelang jedes Rennen bestritt. Die einzige schwere Knieverletzung (Kreuzbandriss) erlitt er, als ihn noch kaum jemand kannte: 2001 bei der St. Antoner Kombi-WM-Abfahrt auf der „Karl Schranz“.
In der ganzen Renngeschichte kann nur noch ein Einziger aus der aussterbenden Gattung der „Alles-Fahrer“ von sich behaupten, gesunde Knie zu haben: Altmeister Schranz, 74. Immer noch ist er topfit, was Evelyn Schranz lächelnd auch darauf zurückführt, dass sich ihr Götter-Gatte im eigenen Vier-Sterne-Hotel seit zig Jahren in Gleitpension befinde.
Es gab Zeiten, da wurden Hotelwände beim Herrn Champion in St. Karl von Unbekannten mit Schimpfwörten beschmiert. Schnee von vorgestern. Inzwischen wissen dort alle zu schätzen, dass St. Anton nur dank der WM 2001 (und der Hartnäckigkeit von WM-Initiator Schranz) einen Bahnhof plus eine verlegte Gleis-Trasse am Ortsrand bekam und dadurch nicht mehr zweigeteilt ist wie im vergangenen Jahrtausend, als sich 97-mal am Tag der Schranken senkte.
Und inzwischen haben auch sportabstinente Hoteliers und Liftbetreiber begriffen, dass selbst Traditionsorte zuweilen Skirennen benötigen, um bei der Jugend modern zu bleiben.
Nicht zuletzt deshalb kommt es 31 Jahre nach der WM 1982 in Schladming zu einem WM-Comeback.