Kronzeuge im Visier: Dürr im Doping-Skandal verhaftet
Knalleffekt im Doping-Skandal rund um die beiden Langläufer Max Hauke und Dominik Baldauf: Der vermeintliche "Saubermann" und "Aufdecker" Johannes Dürr - bei den Olympischen Spielen in Sotschi 2014 selbst als Sportbetrüger entlarvt - wurde heute Mittag in Innsbruck verhaftet. Das bestätigte sein deutscher Anwalt Michael Lehner am Nachmittag gegenüber der dpa.
Die Staatsanwaltschaft wollte die Identität des Festgenommenen zuvor nicht preisgeben, dessen Umschreibung in der Presseaussendung deutete aber klar auf Dürr hin. "Im Zuge der Doping-Ermittlungen hat sich nun auch ein Verdacht gegen einen weiteren Langläufer ergeben, der zuvor selbst aufgrund seiner Angaben die Ermittlungen in Deutschland gegen den Sportmediziner aus Erfurt in Gang gebracht hat", heißt es darin. Die Vernehmung und weitere Ermittlungen seien im Laufen, binnen 48 Stunden habe die Staatsanwaltschaft zu entscheiden, ob der Mann wieder zu enthaften ist oder ob bei Gericht die Verhängung der Untersuchungshaft beantragt wird.
Auslöser, der zu wenig verriet
Der ehemalige Weltklasse-Langläufer dürfte offenbar eine zentrale Rolle in der aktuellen Dopingaffäre spielen. "Ermittelt wird wegen des Verdachts des Sportbetrugs und wegen Verstößen gegen das Anti-Doping-Gesetz. Zudem soll sich Dürr in den vergangenen Wochen auch nicht gerade durch eine besondere Kooperationsbereitschaft ausgezeichnet haben", heißt es in einem Krone-Bericht.
Hauke und Baldauf sollen laut Krone im Zuge ihrer Einvernahmen zu Protokoll gegeben haben, dass Dürr ihnen 2016 "Tür und Tor zum deutschen Arzt in Erfurt" geöffnet habe. Indes bereitet ÖSV-Langlauf- und Biathlon-Chef Markus Gandler eine Klage gegen Dürr vor. Dieser hatte in einer ARD-Dokumentation angegeben, dass er auch von Personal des ÖSV bei unerlaubten Praktiken unterstützt worden sei.
Am Arbeitsplatz festgenommen
Dürr war laut Staatsanwaltschaft München Auslöser für die Doping-Ermittlungen und die Razzien in Seefeld und Erfurt. Der Langläufer, der bei Olympia 2014 positiv auf EPO getestet und danach gesperrt worden war, hatte jüngst in einer ARD-Dokumentation umfassend über Dopingpraktiken im Leistungssport ausgepackt. Am späten Dienstagvormittag wurde er laut einem Bericht der Tageszeitung Österreich an seinem Arbeitsplatz in Innsbruck - Dürr ist Zollbeamter - festgenommen.
Zuletzt war Dürr ins Schussfeld des Österreichischen Skiverbandes (ÖSV) geraten. Dessen Präsident Peter Schröcksnadel erklärte in einem ORF-Interview, er wisse aus gesicherter Quelle, dass Dürr die des Dopings verdächtigen ÖSV-Langläufer Hauke und Baldauf zum hauptverdächtigen deutschen Sportmediziner vermittelt habe.
Keine Selbstzelebrierung
Den Vorwurf, dass er sich durch seine Auftritte als Opfer zelebriert, wies Dürr im deutschen TV zurück. "Ich bin ganz klar Täter natürlich, ich bin in einem System genauso zum Täter geworden, das leider einfach sehr, sehr viele Täter generiert, weil einfach niemand darüber redet, weil man es totschweigt. Die ganze Zeit wird es totgeschwiegen, der Deckel drauf", sagte Dürr nach Beginn der Nordischen WM in Seefeld und noch vor den Doping-Razzien.
Nun werden Stimmen lauter, die behaupten, Dürr sei "ein Drahtzieher" (Krone) hinter dem Betrug gewesen.
Dopingfälle in Österreich: