Gefühlschaos im ÖSV-Team: Jubel bei Ortlieb, Tränen bei Hütter
Von Christoph Geiler
Wer sich die Patienten-Akte von Nina Ortlieb durchliest, der kann schwer glauben, dass die 26-Jährige immer noch professionell auf den Brettl'n unterwegs ist. Es schmerzt schon beim bloßen Aufzählen, was der Vorarlbergerin in ihrer Karriere schon alles widerfahren ist.
Oberarm-Trümmerbruch, Schambeinbruch, Beckenbruch, Sprunggelenks-Verletzungen, Schulterluxation, Brüche des Mittelhandknochens, Rippenfraktur, Brüche der Nase, nicht zuletzt ein Totalschaden im Knie, den sie von einem Sturz im Jänner 2021 in Crans Montana davongetragen hatte.
Knapp zwei Jahre nach der letzten schweren Verletzung meldete sich Nina Ortlieb eindrucksvoll zurück. Bereits bei ihrem Comebackrennen am Freitag in Lake Louise hatte die 26-Jährige mit Rang sechs sämtliche Experten verblüfft. 24 Stunden später raste die Tochter von Abfahrts-Olympiasieger und -Weltmeister Patrick Ortlieb sensationell auf den zweiten Platz.
"Ich bin sprachlos", sagte Nina Ortlieb nach dem besten Abfahrtsrennen ihrer Karriere. "Es hat viel Kraft gekostet, wieder zurück zu kommen. Heute bin ich ein bisschen stolz."
Frauen-Abfahrt in Lake Louise
1. Sofia Goggia (ITA)1:28,96
2. Nina Ortlieb (AUT)1:29,30 +0,34
3. Corinne Suter (SUI)1:29,33 +0,37
4. Joana Hählen (SUI)1:29,55 +0,59
5. Mirjam Puchner (AUT)1:29,92 +0,96
5. Ilka Stuhec (SLO)1:29,92 +0,96
7. Nicol Delago (ITA)1:30,01 +1,05
8. Michelle Gisin (SUI)1:30,12 +1,16
9. Ragnhild Mowinckel (NOR)1:30,13 +1,17
10. Romane Miradoli (FRA)1:30,22 +1,26
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16. Ramona Siebenhofer (AUT)1:30,64 +1,68
17. Ariane Rädler (AUT)1:30,82 +1,86
20. Stephanie Venier (AUT)1:30,89 +1,93
29. Christina Ager (AUT)1:31,42 +2,46
Nina Ortlieb musste nur Sofia Goggia den Vortritt lassen. Die Italienerin gibt derzeit in der Abfahrt das Tempo vor, nach ihrem Sieg in der ersten Saisonabfahrt in Lake Louise (Kanada) war die Gewinnerin der Abfahrtskugel auch am zweiten Tag eine Klasse für sich und fuhr innerhalb von 24 Stunden den zweiten Weltcuperfolg ein.
Stark präsentierte sich auch Mirjam Puchner, die dem vierten Rang am Freitag einen fünften Platz folgen ließ. "Das Ergebnis ist okay, ich habe gesehen, dass ich mithalten kann."
Cornelia Hütter, am Freitag als Dritte die beste Österreicherin, verzichtete aus freien Stücken auf einen Start in der zweiten Abfahrt. Die Steirerin klagte über Kopfschmerzen und Sehstörungen und wollte kein Risiko eingehen. Im Frühjahr hatte sich Hütter bei einem Sturz in Crans Montana eine Gehirnerschütterung zugezogen, seither leidet sie immer wieder unter den Nachfolgen der Verletzung.
"Es gibt einfach Tage, an denen es mir nicht gut geht. Ich habe gelernt, Nein zu sagen", meinte die 30-Jährige.
Am Sonntag steht in Lake Louise noch ein Super-G auf dem Programm.