Sport/Wintersport

Bernadette Schild: "Jetzt aufzuhören wäre definitiv zu früh"

Wenn Bernadette Schild (30) einen Hubschrauber hört, dann ist es um sie geschehen. Dieses eindringliche Knattern  lässt ihre Gedanken unweigerlich um  ihren bisher letzten Auftritt im Weltcup kreisen, als sie  im vergangenen Oktober in  Sölden  mit dem Rettungshubschrauber  von  der Piste geborgen werden musste.  „Ich muss nur einen Hubschrauber sehen, an dem ein Tau runter hängt und schon kommt alles wieder daher“,  erzählt sie.  „Schon schräg.“

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Mit einem Kreuzbandriss fiel Schild den gesamten Winter aus.  Nach so einer Verletzung galt gemeinhin ein halbes Jahr Pause als Faustregel, doch seit Toni Giger  als Sportdirektor das Sagen hat, gehen beim ÖSV die Uhren anders. Nachdem vor allem im Damen-Ski-Team einige Athletinnen innerhalb kürzester Zeit mehrere Kreuzbandrisse erlitten hatten (u.a.Stephanie Brunner,  Cornelia Hütter),  sind die Läuferinnen  angehalten,  bei ihren Comebacks  nichts zu überstürzen.

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Während Hannes Reichelt  letzte Woche nicht einmal ein halbes Jahr nach seinem Kreuzbandriss schon wieder auf Skiern stand, kehrte Bernadette Schild erst nach acht Monaten auf die Skipiste zurück. Am Hintertuxer Gletscher zog die Technikspezialistin ihre ersten Schwünge. „Ich habe länger zugewartet als andere.“

Haben Sie Sich mit der Rückkehr  auf die Piste bewusst so viel Zeit gelassen?
Ich  habe mir und meinem Knie die Zeit gegeben. Das war, wenn man so will, bei meiner Verletzung das Glück im Unglück: Wenn  so was im Oktober passiert, dann hat man überhaupt  keinen Stress und kann das Knie komplett ausheilen lassen.   Ich muss nicht nächste Woche durch Tore fahren, sondern ich kann  in aller Ruhe trainieren und Vertrauen aufbauen, bis ich irgendwann so weit bin, dass die Verletzung nicht mehr in meinem Kopf ist.

Apropos Kopf: Haben Sie in irgendeinem Moment auch an den Rücktritt gedacht?
Niemals. Wobei man dazusagen muss,   dass es auch meine erste Verletzung war. Und es ist in einer Zwischensaison ohne Großereignisse passiert. Ein Rücktritt war für mich nie ein Thema.  Ich kann mich erinnern, dass ich schon im  Hubschrauber gesagt habe: ,Na, na, meinen Skischuh dürft ihr nicht auseinanderbauen. Ich brauch den wieder.’  Außerdem möchte man  seine Karriere ja doch positiv beenden.  Jetzt aufzuhören wäre definitiv zu früh.

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Zumal Sie ja als eine der wenigen im Weltcup schon eine Ausbildung vorweisen können. Sie haben parallel zur Karriere bereits ein Studium absolviert.
Sicher kann man das nach der Laufbahn auch noch machen.  Aber ich wollte einfach in  dem  Alter studieren, in dem es normal ist.  Wenn man einmal gezeigt hat,  dass man neben dem Skifahren auch ein Studium schaffen kann, dann mache ich mir um meine Zukunft  keine großen Sorgen.

Wie schwierig war denn der Spagat zwischen Lernen und Training?
Vom Himmel  fällt so was nicht.  Andere waren am  Wochenende daheim und haben sich erholt und  war halt auf der Uni und  habe meine Prüfungen gemacht. Das war sicher eine intensive Zeit, aber ich bin froh, dass ich das gemacht habe.

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Waren Sie vor  den Prüfungen nervöser als vor Weltcuprennen?
Das kann man überhaupt nicht vergleichen.  Beim Skifahren bin ich viel nervöser, weil es so viele Variablen gibt, die man nicht kennt.  Auf der Uni war ich eine, die nie auf KLücke gelernt hat.   Ich  war immer so gut vorbereitet, dass ich  gewusst habe: Egal, was kommt, ich kann’s.

Zurück zum Sport: Hat denn so eine lange Verletzungspause auch irgendetwas Positives?
Ich würde  jetzt nie so weit gehen zu sagen, dass eine Verletzung gute Seiten hat. Was   aber schon stimmt: Man gibt dem Körper endlich einmal die Zeit zu regenerieren.

Ist das sonst nicht der Fall?
Viel Ruhe kriegt der Körper nicht, so ehrlich muss man sein. Bei mir hat’s das die letzten zehn, zwölf Jahre jedenfalls nicht gegeben.   Du läufst in einem Radl und hast nie Zeit, Ruhe zu geben. Jetzt bin ich praktisch dazu gezwungen worden und  habe auch all die kleinen Wehwehchen auskuriert, die so über die Jahre zusammen gekommen sind.   Deshalb glaube ich, dass es möglich ist, auch nach so einer Verletzung stärker zurück zu kommen.  Das haben schon genug bewiesen.

In knapp vier Monaten soll die Saison in Sölden beginnen. Glauben Sie angesichts der Corona-Krise daran?
Ich kann das  eh nicht beeinflussen, deshalb bereite ich  mich auf jeden Fall darauf vor. Wenn keine zweite Welle  kommt, dann werden wir in Sölden fahren.   Ich glaube, dass es für die Bevölkerung ein ganz wichtiges Zeichen wäre, wenn so traditionelle Sportveranstaltungen wieder stattfinden.

Auch wenn’s möglicherweise  nur Geisterrennen gibt?
Natürlich macht es einen Unterschied, ob du im Ziel abschwingst und dir jubeln Zuschauer zu oder ob es so ist wie bei den Winterspielen in Korea, wo nichts los war. Da bist du schon irritiert und es ist ein anderes Flair. Ich glaube aber nicht, dass es an der Fahrweise etwas ändert, ob jetzt Zuschauer  im Ziel stehen oder nicht.