Absagen, Verschiebungen, Boykotts: Frostige Zeiten im Wintersport
Von Christoph Geiler
In der kommenden Woche ist für viele Athleten der offizielle Winterbeginn. Nach den Alpinen, die bereits Mitte Oktober in Sölden ihre Saison eröffnet haben, gehen dann auch Skispringer, Skifreestyler sowie die Bob- und Skeletonpiloten auf Punktejagd.
So ist zumindest der Plan, doch wenn die Sportler und Trainer in den vergangenen Monaten eines gelernt haben: In Zeiten von Corona kann sich alles über Nacht ändern. Oder wie es Thomas Herzog, der Trainer und Ehemann von Eisschnelllauf-Weltmeisterin Vanessa Herzog, sagt: „Ich hatte ursprünglich einmal einen Plan A. Inzwischen bin ich schon beim Plan L angelangt.“
Keine Sportart ist aktuell vor Problemen gefeit. Es gibt Absagen und Verschiebungen, manche Nationen boykottieren sogar die Bewerbe. Ein Überblick über die größten Herausforderungen in den unterschiedlichsten Disziplinen des Winters.
Ski Alpin
Der schnellste Weg von Österreich an den Polarkreis führt zwar ganz sicher nicht über die Schweiz, aber es ist derzeit der einzige Weg dorthin. In einem FIS-Charterflieger, der nur mit negativem Covid-Test bestiegen werden darf, reist der gesamte Weltcup-Tross von Zürich nach Levi (Finnland), wo am 21. und 22. November zwei Damen-Slaloms stattfinden.
Die ÖSV-Abfahrer befinden sich derweil noch für längere Zeit im Trainingsmodus, die ersten Speedrennen sind erst Mitte Dezember in Val-d’Isère geplant. „Die größte Herausforderung ist, dass wir auch heuer in der Vorbereitung unsere Speedkilometer zusammen kriegen“, sagt Herren-Cheftrainer Andreas Puelacher.
Etliche Gletscher haben wegen der jüngsten Corona-Maßnahmen den Betrieb eingestellt, beim ÖSV wurde sogar überlegt, das Speedteam nach Nordamerika zu entsenden, wo aktuell perfekte Bedingungen vorherrschen. „Das Risiko war uns dann aber doch zu groß.“ In Hochgurgl im hintersten Ötztal wurde für die ÖSV-Herren nun eine Abfahrtspiste mit knapp einer Minute Laufzeit präpariert. „Wir sind froh um diese Trainingsmöglichkeit und machen das Beste aus der Sache“, so Puelacher.
Bob & Skeleton
Offiziell findet in der kommenden Woche in Sigulda der Weltcup-Auftakt statt, doch mit einem Weltcup haben die ersten Saisonrennen in Lettland wenig zu tun. Die Top-Nationen aus Nordamerika werden zumindest bis Weihnachten keine Athleten zu den Europa-Rennen schicken, auch das Antreten der Piloten aus Asien ist ungewiss.
Der Weltverband hat deshalb bereits entschieden, dass es in dieser Saison keine offiziellen Weltcupgesamtsieger geben wird. Noch härter trifft die Sportler aber, dass vorerst auch die Preisgelder eingefroren werden. Denn kein Wintersport verschlingt so viel Geld wie das Bobfahren, ein Schlitten kostet schon einmal bis zu 100.000 Euro.
"Auch wenn das immer nur einige tausend Euro waren. Für uns sind diese Prämien enorm wichtig", sagt die niederösterreichische Bob-Pilotin Katrin Beierl.
Um die Teilnehmerfelder zu reduzieren und das Covid-19-Ansteckungsrisiko zu minimieren, sind bei den ersten vier Weltcup-Stationen übrigens nur Zweierbobs im Einsatz. Die Viererbobs liegen auf Eis.
Eisschnelllauf
Normalerweise wäre Vanessa Herzog gerade in Asien, wo traditionell die ersten Rennen gelaufen werden, doch die Eisschnelllauf-Weltmeisterin wird sich noch länger in Geduld üben müssen. 2020 wird kein Rennen mehr stattfinden.
Stand jetzt soll die Saison Mitte Jänner mit der EM in Heerenveen eröffnet werden. Ob danach die WM in Peking über die Bühne gehen kann, ist unsicher. „Wir sind zum Improvisieren gezwungen“, sagt Trainer Thomas Herzog.