Trotz Aus in Kitzbühel: Jungstar Joel Schwärzler setzt ein Ausrufezeichen
Von Harald Ottawa
Genau vor einem Jahr servierte Joel Schwärzler Weißwürste in Kitzbühel, heuer starke Aufschläge. Für die Würst’ war seine Premiere auf der ATP-Tour ganz und gar nicht, auch wenn der 18-Jährige in der 1. Runde Thiago Seyboth Wild 2:6 und 6:7 (6) unterlag.
Der Vorarlberger zeigte auch gegen den starken Brasilianer, der nicht nur ein Top-100-Mann ist (72.), sondern auch wie einer spielte, sein überaus großes Potenzial: Gute Schläge, aggressives Spiel gepaart mit viel Gefühl und ein sehr gutes Spielverständnis. Ausgeführt von einem Burschen, der mit 18 körperlich extrem weit ist.
Trotz der Niederlage war eben erkennbar, dass der Schützling von Jürgen Melzer und Weltranglisten-392. seinen Weg unbeeindruckt fortsetzt. Im Jänner wurde er als als dritter Österreicher nach Thomas Muster und Gilbert Schaller die Nummer eins der Junioren-Welt, im Mai gewann er in Skopje ein Challenger – und war bei diesem Premierentitel zwei Jahre jünger als 2013 Dominic Thiem. Kurz darauf später schloss er die Jugendkarriere bei den French Open mit dem Doppeltitel und dem Halbfinale im Einzel ab.
Das Publikum liebte ihn sofort, peitschte ihn in Kitzbühel immer wieder nach vorne und wurde auch von herrlichen Schlägen belohnt. Und besagtes Publikum weiß, dass es einen Nachfolger für Dominic Thiem braucht. Der sagt selbst: „Ich bin froh, dass wer nachkommt, der die positive Welle fortsetzen kann.“
Ungeduld
Auf der perfekten Welle hätte Schwärzler, der in Südafrika geboren ist und mehrere Sprachen (sogar Afrikaans) spricht, im zweiten Satz reiten können, leider leistete er sich unnötige Fehler und vergab neun Breakbälle. „Er ist noch etwas zu ungeduldig“, sagt Trainer Melzer. „Er denkt auch oft zu viel nach.“
Auch weil es eine Umstellung für ihn ist. „Es ist schon ein Riesenschritt zu den Profis, immerhin kommt er vom Kindertennis“, sagt Ex-Profi Barbara Schett. Kitzbühel-Turnierboss Alexander Antonitsch bestätigt dies indirekt. „Nummer 1 bei den Junioren zu werden, ist großartig. Noch beachtlicher war aber sein rascher Sieg beim Challenger. Da wussten wir dann, dass er die Wild Card hier verdient hat.“
Für Günter Bresnik, in dessen Akademie Schwärzler auch schon trainierte, ist der ÖTV-Vertragsspieler auf dem richtigen Weg. „Joel spielt ein zukunftstaugliches Tennis. Es müsste schon mit dem Teufel zugehen, wenn er nicht mittelfristig in die Top 20 kommen würde.“ Melzer ortet viel Luft nach oben. „Er weiß ja gar nicht, wie schnell er spielen könnte.“
Erfahrung
Seit drei Jahren arbeitet der ehemalige Top-Ten-Spieler in Einzel und Doppel mit Schwärzler zusammen. „Jürgen ist ein perfekter Trainer, was das Spielerische betrifft. Aber er hilft mir, was man richtig macht auf dem Weg zum Profi, und was nicht“, sagt Schwärzler in einem KURIER-Interview.
Schnell nach oben geht es auf jeden Fall. Wie bei Dominic Thiem, der sein erstes ATP-Match ebenfalls in Kitzbühel spielte. Am 1. August 2011 machte er sechs Games gegen den Spanier Daniel Gimeno Traver. Auch damals spürte das Publikum, dass ein neuer Star heranwächst. Wie am Montag.