Spanischer Triumph: Alcaraz entthront Djokovic in Wimbledon
Von Harald Ottawa
Irgendwie war es vor den Augen von Prinz William eine Majestätsbeleidigung, was sich an diesem Sonntag auf dem ehrwürdigen Rasen von Wimbledon abspielte. 34 Spiele lang gab es keinen, der Novak Djokovic in die Knie zwingen konnte. Auf dem Centrecourt hat der 36-Jährige seit 2013 kein Spiel mehr verloren. Nun kommt ein um 16 Jahre jüngerer Bursche, gewinnt 1:6, 7:6 (6), 6:1, 3:6, 6:4 und beendet damit in 4:42-Stunden eine Vorherrschaft.
Sensation? Nein, eigentlich nicht. Carlos Alcaraz ist zwar kein ausgewiesener Rasenspezialist, ist aber als Nummer eins der Welt gestartet. Und Roger Federer wird ihm wohl auch gratulieren, der Schweizer bleibt mit acht Triumphen alleiniger Rekordhalter in Wimbledon.
Alcaraz ließ sich nach seinem Triumph auf den Rasen fallen. Der 20-Jährige beendet damit auch die Eintönigkeit, seit 2003 haben nur Männer gewonnen, die Federer, Nadal, Murray oder eben Djokovic hießen. Im selben Zeitraum siegten übrigens zwölf Frauen.
Zunächst fegte Djokovic über den nervösen Alcaraz, den jüngsten Wimbledon-Finalisten seit Rafael Nadal (2006), drüber und sicherte sich nach etwas mehr als einer halben Stunde die Satzführung. Danach wurde es endlich ein Tennis-Match, Alcaraz kämpfte sich in die Partie, dem US-Open-Champ gelang ein frühes Break, das aber schon bald wieder verspielt war.
Hohe Kunst
Das Match war nun hochklassig und ausgeglichen. Logische Folge war das Tie-Break, in dem so ausgesehen hatte, dass Djokovic auch sein siebentes in diesem Turnier gewinnt. Der Serbe führte 3:0, ehe erstmals in einer Satz-Entscheidung unerzwungene Fehler fabrizierte und verlor.
Die Krise von Djokovic setzte sich fort, außer Tritt brachten ihn auch Verwarnung wegen Zeitüberschreitungen beim Aufschlag. Deshalb versuchte er den Rhythmus seines Gegners zu brechen, in dem er viel diskutierte. Es gelang nur bedingt, Alcaraz blieb sensationell, auch, wenn der vierte Satz an den Serben ging.
Am Ende zeigte sich, warum Alcaraz zuvor acht seiner neun Fünf-Satz-Partien gewinnen konnte. Ganz im Gegenteil zum Duell in Paris, wo er von Krämpfen geplagt, Djokovic unterlag, war er dieses Mal der Aktivere, schließlich reichte ihm ein Break.
Serien-Ende
Alcaraz verhinderte, dass ...
... Djokovic in seine 390. Woche als Nummer eins geht. Den Rekord hält Nole schon seit Jahren, Federer ist mit 80 Wochen Rückstand die Nummer zwei. Von den noch aktiven Männern ist Rafael Nadal mit 209 Wochen an der Spitze die Nummer sechs. Alcaraz geht in seiner 27. Woche und ist damit in diesem Ranking die Nummer 16.
... Djokovic als erster Spieler seit 1969 (Rod Laver) den Grand Salm holt, also alle vier Majors in einem Kalenderjahr gewinnt. Die Australian Open und die French Open sicherte sich der Schützling von Goran Ivanisevic bereits.
... Djokovic mit einem 24. Streich auf höchster Ebene nicht zu Margaret Court aufschließt, bei den Männern ist er die Nummer eins vor Nadal (22) und Federer (20).