Nadal verliert in Paris: Ein letztes Adieu eines Weltstars
Von Harald Ottawa
Wenn die 15.000 Zuschauer am Centrecourt Philippe Chatrier die Zeit zurückdrehen könnte, hätten es alle gemacht. Das Rad der Zeit dreht sich aber, das musste sich auch jener Herr eingestehen, der eben auf diesem Platz reihenweise die Gegner demotivierte. Rafael Nadals von vielen Verletzungen geplagten Körper wird nächsten Montag 38. Die Zeit gehört seinen Nachfolgern, wie zum Beispiel dem in einer Hochblüte befindlichen Alexander Zverev. Der Deutsche schlug den 14-fachen Paris-Champ 6:3, 7:6 und 6:3.
Da halfen selbst die Anfeuerungen im Stadion nichts, die Zuschauer hatten von Beginn an keinen Zweifel aufkommen lassen, wer der sentimentale Held an diesem Montag sein wird.
Mit Kampf zurück
Der spielerische war in den meisten Phasen Zverev, der vielleichte beste Spieler der Welt, der noch ohne Grand-Slam-Titel dasteht. Aber es wäre nicht Nadal, wenn er sich nicht in ein Match reinfighten könnte. Und der Nadal der Gegenwart spielte nach etwas verpatztem ersten Satz nicht nur phasenweise wie der Nadal der Vergangenheit, sieht man von den vielen (gelungenen) Netzausflügen ab, die er einst nicht so permanent praktizierte.
Wie im zweiten Satz lag der 22-fache Grand-Slam-Sieger auch im dritten voran. Aber sein deutsches Gegenüber kannte keine Gnade, schickte den erfolgreichsten Sandplatz-Spieler der Geschichte wohl in die Paris-Pension. Nadal hatte zwar erklärt, dass es nicht endgültig ist, dass er 2025 nicht mehr spielen wird, aber die Zeichen stehen sehr stark auf Abschied. Welch überaus große Bedeutung dieses eine Match hatte, sah man im Publikum. Entgegen aller Gewohnheiten mischte sich Novak Djokovic darunter, auch die Weltranglisten-Erste bei den Frauen, Iga Swiatek war da und auch Carlos Alcaraz. Sie alle zitterten mit dem Ballermann aus Mallorca, der 19 Jahre alle mitriss.
Er hat Roland Garros verzaubert wie kein anderer. Auf dem Court Chatrier gezaubert, wie kein anderer. Nur zwei Spielern gelang es neben Zverev, ihn hier zu besiegen. Djokovic, mit dem ihn mittlerweile eine Freundschaft verbindet, schaffte dieses Kunststück 2015 und 2021. 2009 verpasste ihm Robin Söderling, der bald darauf wegen einer Erkrankung seine Laufbahn beenden musste, im Achtelfinale eine kalte, unerwartete Dusche. 2016 schlug er sich irgendwie selbst, konnte aufgrund einer Handgelenksverletzung nicht zu seinem Drittrunden-Spiel gegen Marcel Granollers antreten. Dominic Thiem freute sich damals, diesen Spanier konnte er im Achtelfinale besiegen. Gegen Nadal biss sich der Niederösterreicher, der sich in der Qualifikation für immer von Paris verabschiedete, von 2017 bis 2019 jeweils die Zähne aus.
Dabei wäre es vielleicht gar nicht so weit gekommen. Nachdem Nadal 2005 seinen ersten Titel in Paris geholt hatte, sagten die Ärzte, dass er das Tennisspielen lieber lassen sollte. Seit damals plagt ihn das Müller-Weiss-Syndrom, eine schmerzhafte, schwer zu behandelnde Fußverletzung. Nadal pfiff auf den Rat der Ärzte. Und dafür sind ihm alle dankbar.
Die Standing Ovations und die Tränen im Chatrier sagen alles. Vorhang zu für eine Legende. Danke, Rafa!