Causa Djokovic: Unten durch in Down Under
Von Harald Ottawa
Es ist ja nur anständig und die normalste Sache der Welt, dass sich Mütter Sorgen um ihre Buben machen. Auch, wenn der Bub in diesem Fall schon umgerechnet rund 136 Millionen Euro allein an Preisgeld verdient hat.
Der Bub ist 34 Jahre alt, hört auf den Namen Novak Djokovic und soll in Melbourne gefangen gehalten werden. Der Arme sitzt in Melbourne in Quarantäne und muss doch glatt in seinem Vier-Sterne-Hotel bleiben.
Mama poltert
Nein, das geht gar nicht! Befindet zumindest die Familie Djokovic. „Es ist eine schlimme, schlimme Unterkunft“, poltert Mama Dijana in der Heimat. „Ich fühle mich fürchterlich, seit sie ihn als Gefangenen halten.“ Weil das gar nicht geht, muss sich freilich auch ein Staatsmann einschalten. Der serbische Präsident Aleksandar Vucic setzt sich dafür ein, seinem berühmtesten Landsmann den Umzug in ein gemietetes Haus zu erlauben. Immerhin ist er die Nummer eins der Tenniswelt und muss sich mit anderen Spielern und Asylwerbern eine Unterkunft teilen.
Fenster-Tage
Dort wirft Djokovic Blicke aus dem Fenster, sieht, wie ihn ein paar Australier am liebsten verjagen würden, aber auch viele, und vor allem Serben, die ihm zujubeln (Djokovic bedankte sich auf Instagram: „Ich kann es sehen und fühlen“). So, als hätte er gerade zum zehnten Mal die Australian Open und seinen 21. Grand-Slam-Titel (dies wäre Rekord) gewonnen. Er hat ja auch vor, dies zu tun, noch darf und muss er sich aber gedulden, die Anwälte erwirkten ein Bleiberecht bis zur Verhandlung am Montag. Da fällt die Entscheidung, ob er bleiben und damit beim ersten Grand-Slam-Turnier des Jahres spielen darf. Die australischen Behörden hatten sein Visum gecancelt, wollten ihn auch sofort wieder zurückschicken. Der Serbe hatte unzureichende Belege dafür vorlegen können, dass die Ausnahmegenehmigung gerechtfertigt wäre.
Auch der Amerikaner Sebastian Korda, dem man eine große Zukunft bescheinigt, sitzt nach einem positiven Covid-Test in einem Quarantäne-Hotel.
Hotel-Service
Beim 21-Jährigen haben sich die Eltern nicht gemeldet, weder Mutter noch Vater, der mit Petr Korda einen bekannten Namen trägt und auf der Siegerliste der Australian Open steht (1998). Im Gegenteil. Korda jun. sagte: „Ich bedanke mich beim australischen Tennisverband für die Ausstattung meines Zimmers und werde die Covid-Protokolle achten.“ Nach einer Quarantäne und Freitestung darf er bei den Australian Open starten.
Auch Joe Biden schaltete sich nicht in die Causa Korda ein, während die Beziehungen zwischen Serbien und Australien mittlerweile getrübt sind, nicht nur, weil es im Heimatland von Djokovic zahlreiche Proteste gibt. Weil auch Vater Srdjan („Sie haben Jesus gekreuzigt, jetzt kreuzigen sie Novak“) dazu aufruft.
Vucic spricht von einer „politischen Hexenjagd“, Australiens Premier Scott Morrison, der mit den höchsten Infektionszahlen konfrontiert ist, konterte sachlich: „Regeln sind Regeln, vor allem, wenn es um unsere Grenzen geht. Niemand steht über diesen Regeln.“
Und seine Hotel-Unterkunft? „Er muss ja nicht dort bleiben. Djokovic kann jederzeit ausreisen“, sagt Australiens Innenministerin Karen Andrews. PS: Im Vorjahr durften alle Spieler nur von zugewiesenen Hotels zur Tennis-Anlage pendeln, nicht mehr.